Hamburg. Wagners Schaffen war „das größte Bildungserlebnis“ seines Lebens: Der Politologe Udo Bermbach starb im Alter von 86 Jahren in Hamburg.

Der Politologe und Wagnerforscher Udo Bermbach ist nach schwerer Krankheit am 10. Juli im Alter von 86 Jahren verstorben. Bermbach, geboren 1938 in Berlin, hat Politische Wissenschaft, Völkerrecht, Germanistik und Geschichte in Marburg und Heidelberg studiert und war von 1971 bis 2002 Professor für Politische Ideengeschichte an der Universität Hamburg. 1999/2000 ging er als Fellow an das Wissenschaftskolleg zu Berlin. Neben seiner akademischen Karriere hatte sich Bermbach mit vielen Veröffentlichungen rund um Leben und Werk als einer der wichtigsten deutschen Wagner-Experten und -Deuter profiliert.

Hamburger Wagner-Experte Udo Bermbach gestorben

Ging es in Hamburg darum, sich lang und ergiebig über Richard Wagners Bedeutung auch jenseits der Notentexte und Opernhandlungen auseinanderzusetzen, gab es nur eine Adresse, nur einen Experten, der sofort in den Sinn kam. Bermbach hat Jahrzehnte damit verbracht, die historischen, politischen, kulturellen und auch die moralischen Vielschichtigkeiten in Leben und Werk dieses Komponisten zu deuten, zu dechiffrieren und vor allem: sie in größere Zusammenhänge zu stellen.

Bermbach sah auf diese schier unerschöpfliche Themenvielfalt nicht nur mit den analytischen Augen des Wissenschaftlers. Er war eindeutig und bekennend leidenschaftlicher Bewunderer. Sein erster Besuch bei den Bayreuther Festspielen 1986 erschütterte ihn so sehr, dass er „völlig fertiggemacht“ in den Pausen Spazierrunden auf dem Grünen Hügel drehte, um das eben Gehörte und Gesehene zunächst nur für sich zu verarbeiten.

Auslöser für die lebenslange Beschäftigung war während seiner Studienzeit die Begegnung mit einem Heidelberger Krawattenfabrikanten, der in seiner Villa Wagner-Seminare abhielt. Wagners Schaffen sei für ihn das größte Bildungserlebnis seines Lebens gewesen, sagte er später. Allein vom „Ring des Nibelungen“ besaß Udo Bermbach 32 Gesamteinspielungen. Für seine Idee, an der Uni Hamburg Vorlesungen zu Wagners „Ring“ zu halten, erhielt Bermbach jahrelang Spenden vom „Spiegel“-Herausgeber Rudolf Augstein. 2000 wirkte Bermbach als Konzeptdramaturg bei Jürgen Flimms Bayreuther „Ring“-Inszenierung mit.

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Bermbachs Arbeiten zu den Werken, zu den Bayreuther Festspielen und der ideologiegeprägten Wagner-Rezeption waren Referenzgrößen. Zu seinen wichtigsten Publikationen gehören „Der Wahn des Gesamtkunstwerks. Richard Wagners politisch-ästhetische Utopie“ (1994/2004), „Blühendes Leid – Politik und Gesellschaft in Richard Wagners Musikdramen“ (2003), „Richard Wagner in Deutschland. Rezeption – Verfälschungen“ (2011) und „Houston Stewart Chamberlain. Wagners Schwiegersohn - Hitlers Vordenker“ (2015). 2021 erschien „Der anthroposophische Wagner. Rudolf Steiner über Richard Wagner“. Auch als Gründer und Mitherausgeber der internationalen Zeitschrift „wagnerspectrum“ gab er wichtige Impulse für die Wagner-Forschung.