Hamburg. Das Publikum grölt ausgelassen mit. Goldkehlchen-Neulinge und Ultras aus 16 Bundesländern reisten an, sogar aus Amerika.

Ein Countdown zählt die letzten Sekunden bis zum Start. Ein gelbes Kükenmaskottchen erscheint und heizt die Besucher und Besucherinnen an. „Wie schön, dass ihr alle da seid, schön, dass es aufgehört hat zu regnen!“ 

Die Hamburger Goldkehlchen verwandeln das ausverkaufte Stadtpark Open Air in einen ohrenbetäubenden Karaoke-Fiebertraum. Der 76 Mann starke Chor ist 2016 aus einer Schnapsidee entstanden, als die Gründer Flemming und Max betrunken aus der Karaokebar Thai Oase auf St. Pauli wankten.

Die Goldkehlchen behaupten selbst von sich, nicht singen zu können. Das trifft auch auf die meisten zu, dennoch überzeugten einige der Stimmen an diesem Abend. Aber eigentlich geht es darum nicht. Der Mix aus Chorgesang, Showeinlagen und einer kräftigen Prise Selbstironie bringt das Publikum zum Mitgrölen. Und da hilft sicherlich auch der eine oder andere Aperol!

Konzert  Goldkehlchen im Stadtpark Teil 1
Weiße T-Shirts, weiße Sneaker: Die Hamburger Goldkehlchen haben im Stadtpark gesungen und viel Geld eingesammelt. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Goldkehlchen im Stadtpark: Das war ein wilder Karaoke-Fiebertraum!

Der Auftritt ist ein Charity-Konzert, alle Einnahmen werden gespendet (Spoiler: 30.000 Euro gehen am Freitag an die Stiftung Kultur Palast). Das eigentliche Hauptkonzert am Sonnabend war innerhalb von 90 Sekunden restlos ausverkauft, dieser Freitag ist lediglich die Zusatzshow – und auch die war in zwei Minuten ausverkauft. Goldkehlchen-Neulinge und Ultras aus 16 Bundesländern seien angereist, sogar aus Amerika.

Konzert  Goldkehlchen im Stadtpark Teil 1
Ein Gläschen hilft beim Mitsingen: Die Goldkehlchen animieren im Stadtpark auch ihr Publikum. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

„Habt ihr Bock?“, rufen Max und Flemming, die durch den Abend leiten. Und Hamburg hat Bock. Die am Eingang verteilten Regenbogen-Fähnchen mit Haspa-Aufdruck und QR-Spendencode werden geschwungen, in alte Geschlechterrollen wird noch zurückgefallen, als Männer und Frauen abwechselnd zum Singen aufgerufen werden. Denn bevor die Show richtig losgeht, muss das Publikum erst einmal die 90 Dezibel-Marke knacken („1000 und 1 Nacht“ von Klaus Lage). Kurze Anfangsschwierigkeiten, Wiederholung, dann fällt der Vorhang: Männer in schwarzen Hosen und weißen Sneakern, mit Cap und Goldkehlchen-Shirt trällern „Wannabe“ von den Spice Girls. Danach: Konfettikanonen. Feuerwerk, nebelgefüllte Seifenblasen.

Die Goldkehlchen senden auch eine politische Botschaft

Spätestens ab dem vierten Song singen fast alle mit. Es wird wild. Eine Showeinlage jagt die nächste: Eros Ramazzotti auf Deutschitalienisch, Plattdeutsch-Einlage, Unterstützung durch einen Kölner Männerchor und Ex-ESC-Kandidatin Ann-Sophie, Live-Versteigerung eines Sessels mit echtem Ottifanten-Graffiti, ein als Apache 207 verkleidetes Goldkehlchen. Auch eine politische Botschaft fehlte nicht: Die Hamburger Goldkehlchen positionierten sich klar gegen Nazis, die AfD, Rassismus und Sexismus und sangen dann „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten.

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Singen verbindet – das beweist dieser Abend eindrucksvoll. Einige Gäste zeigen ihre Begeisterungsgänsehaut. Lediglich bei Sinead O‘Connors „Nothing Compares 2U“ schmerzen die Ohren dann doch ein wenig. Ob die Goldkehlchen für den zweiten Konzertabend am Sonnabend noch eine Stimme haben? Und gibt es eine After-Show-Party in der Thai Oase?