Hamburg. Der Pianist hatte auf Einladung der Kammermusikfreunde ein Marathon-Programm zusammengestellt. Ein Wunschkonzert der besonderen Art.

Ein Kammermusikabend in drei Teilen mit zwei ausgedehnten Pausen, von denen die erste nach anderthalb Stunden begann und die zweite eine knappe Stunde vor Mitternacht, kann man schon als ziemlich außergewöhnlich bezeichnen. Außergewöhnlich ist aber auch der Künstler, dem die Hamburgische Vereinigung von Freunden der Kammermusik diesen mehr als vierstündigen Konzertmarathon in der Elbphilharmonie am Mittwoch widmete. Kein Geringerer als der ungarische Pianist Sir András Schiff, der im Dezember des vergangenen Jahres seinen 70. Geburtstag beging, hatte von den Kammermusikfreunden eine Carte Blanche für sein Hamburger Konzert erhalten und durfte sowohl das Programm, als auch seine Kammermusikpartner frei wählen.

Der erste Vorsitzende der Kammermusikfreunde und NDR-Redakteur Ludwig Hartmann moderierte das Konzert und räumte gleich zu Beginn ein, dass er mit Blick auf den Umfang dann aber doch etwas Einfluss auf Schiffs Entscheidungen genommen habe. „Andernfalls“, ergänzte er scherzhaft, „würde dieser nicht nur bis Mitternacht, sondern bis zum Herbst brauchen, um mit all seinen Lieblingsstücken fertig zu werden.“

Elbphilharmonie: András Schiff spielt und spielt und spielt

Seine große Lust am Spielen und seinen Witz stellte Schiff dann auch gleich bei vorab nicht verratenen Klavierstücken von Schubert unter Beweis, zu denen er launig kleine Geschichten erzählte. Die während Schuberts Zeit am Hofe des Grafen Esterházy entstandene „Ungarische Melodie“ aus dem Jahr 1824 enthalte, das könne er als Sohn dieses Landes schwören, ganz gewiss nichts Ungarisches. In einem unglaublichen Abwechslungsreichtum und einer dynamischen Vielfalt spielte er außerdem das zweite aus den kurz vor Schuberts Tode entstandenen „Drei letzten Stücken“, eine „wahrhaft gespenstische Musik“.

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Im Gespräch mit Hartmann berichtete Schiff von seinen Studienjahren bei György Kurtág, der ihn aufgefordert hatte, sowohl die Sing- als auch die Klavierstimme von Schubert-Liedern zu lernen, um sie ihm singend und sich selbst begleitend vorzutragen. Das habe viel gebracht, und er sei überzeugt, dass man dieses Repertoire nur richtig interpretieren könne, wenn man auch die Liedtexte verstehe. „Das können leider nicht alle Schubert-Interpreten“, setzte er ironisch nach.

Um zu zeigen, wie er das meinte, bat er die Mezzosopranistin Ema Nikolovska aufs Podium und begleitete sie bei Liedern wie „Im Frühling“ D. 882, dem unruhig und angsterfüllt in der Klavierbegleitung anhebenden „Der Zwerg“ D. 771 und „Auf dem Wasser zu singen“ D. 774.

Krönender Abschluss: ein Klavierquartett von Johannes Brahms

Das bot dann auch gleich Gelegenheit, mit dem Tenor Julian Prégardien und der Hornistin Marie-Luise Neunecker ein weiteres Schubert-Lied zu diesem Thema „Auf dem Strom“ vorzustellen. Dass diesen Abend mit dem hervorragend die Schumann-Violinsonate op. 121 spielenden Geiger Stephen Waarts, dem Bratschisten Timothy Ridout und der Cellistin Julia Hagen vor allem junge Kammermusikpartner mitbestimmen sollten, erklärte Schiff so: „Ich musiziere so gern mit der Jugend, und diese Streicher kenne ich alle von der Kronberg Academy im Taunus.“ Den krönenden Abschluss seines „Wunschkonzerts“ bildete dann auch das erste Klavierquartett g-Moll op. 25 von Johannes Brahms.