Hamburg. Beim Nordlied-Festival versucht sich das Musiktheaterkollektiv „staatsoper24“ an „Die mehr-als-schöne Müllerin“.

Die Idee, aus einem musikalisch tief berührenden, äußerlich aber oft steril und steif wirkenden Liederabend ein durchinszeniertes Stück zu machen, ist ja nicht neu. Unter dem Titel „Das Laub fällt auch im Paradies“ hatte das die Opera stabile mit Liederzyklen von Robert Schumann und Arnold Schönberg 2021 auch schon mal versucht.

Doch nicht jedes Kunstlied, nicht jeder Zyklus ist für eine Performance mit aufgesetzten weiteren Handlungsebenen geeignet, wie wir am Freitag beim zweiten Abend des Nordlied-Festivals „Die mehr-als-schöne Müllerin“ erleben durften.

Nordlied-Festival: Musiktheaterkollektiv versucht sich an „Die mehr-als-schöne Müllerin“

Die Autorinnen und Performerinnen Lisa Florentine Schmalz und Pauline Jacob vom feministischen Musiktheaterkollektiv „staatsoper24“ hatten mit ein paar laienhaft spielenden Kolleginnen versucht, der schönen Müllerin und auch dem Bächlein, mit dem der von seiner gescheiterten Liebesbeziehung erzählende Sänger spricht, aus Franz Schuberts Liederzyklus Stimmen zu verleihen.

Ihr Ansatz war, dass die mit ihrem Leben in der arbeitsreichen Mühle alles andere als zufriedene junge Frau ein Recht auf eigene Wünsche und Perspektiven hat, die von dem werbenden Anbeter gar nicht wahrgenommen werden.

Nur was genau werfen sie diesem Mann eigentlich vor, hinter dem sich kein anderer verbirgt als der Dichter der Liedtexte Wilhelm Müller, der seine gescheiterte Liebe zur Dichterin Luise Hensel in diesen Versen verarbeitet?

Tenor Julian Prégardien singt Partie herzzerreißend

Das Drama des Liebenden, den kein Geringerer als der fantastische Tenor Julian Prégardien, begleitet von der nicht minder bewundernswerten Henriette Zahn, an diesem Abend darstellte, spielt sich ja im Wesentlichen in seinem Inneren ab.

Da tut ein zwischen die zarten und zu Tränen rührenden Lieder von den Performerinnen gerufenes, trotziges „Es reicht“ nichts zur Sache. Albern verkleideten sie sich mit blauem Stanniolpapier in den sprechenden Bach oder mutierten zu einem mahnenden Mühlrad, wobei ihre Texteinwürfe dürftig blieben.

Wie gut, das Julian Prégardien, der diese Lieder tiefsten Seelenschmerzes herzzerreißend sang, sich nicht ins unterbrechende Spiel der Damen integrierte, sondern der blieb, der er sein sollte: ein Liebender, der aus Enttäuschung über unerfüllte Liebe den Tod findet.