Hamburg. Der Sender Arte widmet dem Hamburger Ballettintendanten eine Stückverfilmung und eine Doku. Ab Sonntag steht beides in der Mediathek.
Wenn am Sonntag die Premiere „Epilog“ die 49. Hamburger Ballett-Tage eröffnet, dann wird der Saisonabschluss noch mehr zu tränensatten John-Neumeier-Festspielen als sonst. Weil diese Ballett-Tage die letzten sein werden, in denen John Neumeier dem Hamburg Ballett als Intendant vorsteht, nach insgesamt 51 Jahren gibt der heute 85-Jährige die Leitung der Kompanie zum Saisonende an Demis Volpi ab. Und natürlich sind für „Epilog“ längst keine Karten mehr verfügbar, wie die Termine der Ballett-Tage überhaupt gut gebucht sind.
Zum Beispiel für „Die Glasmenagerie“ am 12. Juli sind ebenfalls nur noch ein paar vereinzelte Plätze zu bekommen. Was nicht so tragisch ist, weil: Es gibt eine Verfilmung der 2019 uraufgeführten Choreografie, und die ist am Sonntag um 23.45 Uhr auf Arte zu sehen, durch die späte Stunde sogar passend für all jene Glücklichen, die zuvor in „Epilog“ waren. Wer um die Zeit schlafen muss, braucht sich freilich nicht zu grämen – die Sendung bleibt in der Arte-Mediathek.
John Neumeier: Fernsehgucken hilft gegen den Abschiedsschmerz
„Die Glasmenagerie“ ist ein für Neumeier typisches Literaturballett, hier auf Basis des gleichnamigen Stücks von Tennessee Williams: mit Respekt für die literarische Vorlage und gleichzeitigem Sinn für die Eigenarten des Balletts, in der freien Bearbeitung geschult am Regietheater und nicht zuletzt geprägt von sensibler Tänzerführung, hier mit Alina Cojocaru, Patricia Friza und Alessandro Frola als dysfunktionale Rumpffamilie Wingfield.
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Wie oft hat Neumeier auch eine Künstlerfigur in das Stück hineinchoreografiert, in diesem Fall den Autor „Tennessee“, der von Edvin Revazov getanzt wird und in dem sich auch der Choreograf selbst entdecken lässt. Man erfährt also einiges über Neumeier, wenn man konzentriert seine Stücke schaut, mehr erfährt man aber eine knappe Stunde vorher: Um 22.45 zeigt Arte Andreas Morells Dokumentation „John Neumeier – Ein Leben für den Tanz“ (verbleibt ebenfalls in der Mediathek), die den scheidenden Intendanten auf einer Reise in die Vergangenheit begleitet, in seine Geburtsstadt Milwaukee, nach Paris, auch in das Ballettzentrum John Neumeier, das der Choreograf in Hamm aufgebaut hat.
Das ist interessant, weil man dem Künstler so ein Stückchen näherkommt. Und hinterher ist man noch ein bisschen melancholischer, dass er geht.