Hamburg. Die Energie der US-Hardrocker ist beeindruckend, die Riffs rollen durch Mark und Bein: „Ihr klingt verdammt noch mal wie 200.000 Leute!“

Die ersten Songs: keine Ansagen, nur Strom. Gary Cherone, zeitlose 62 Jahre, prescht auf die Bühne der Großen Freiheit. Drahtig. Aufgeladen. Er spart nicht an Rock ‚n‘ Roll-Gesten. Grätscht in Ausfallschritte. Tanzt. Wirft sich unter Jubel an die Rampe mitten im Gewitter seiner Band Extreme. „It‘s A Monster‟ und „Decadence Dance‟ brettern in fulminantem Sound los. Cherones Stimme eine schreiende Wucht. Und bei Songs wie „Rest in Peace‟ entfaltet sich dann die herausragende Qualität dieser US-Hardrock-Band: Cherone sowie Gitarrist Nuno Bettencourt und Bassist Pat Badger singen theatral dreistimmig, während Drummer Kevin Figueiredo weiter vorantreibt. Da ist Stimmung in der Schwitzbude.

Die Menge: mit Leidenschaft gealtert. Jeans und Leder. Der KISS-Aufnäher auf der Kutte. „Motörhead‟– und „Marshall‟-Schriftzüge auf den Shirts. Bei „Hip Today‟ singen sie inbrünstig die Zeile „You‘ll Be Gone Tomorrow‟. Kapitalismuskritik und Vergänglichkeitshymne in einem.

Große Freiheit: Bei der US-Band Extreme ist Stimmung in der Schwitzbude

Bettencourt übernimmt schließlich den Conférencier-Teil des Abends. Sie hätten in diesem Jahr vor großen Mengen gespielt. „Aber ihr hier klingt verdammt noch mal wie 200.000 Leute‟, ruft er und blickt bis unters Dach der Großen Freiheit. „Rock ‚n‘ Roll gehört in Clubs.‟

Extreme liefert ein hyperdynamisches Medley von ihrem ersten Album von 1989. Die Band spielt aber auch neue Songs ihres aktuellen Longplayers „Six‟, etwa die Powerballade „Other Side Of The Rainbow‟, bei der Bettencourt zur Westerngitarre greift und Cherones Gesang besonders eindringlich melodisch strahlt. Erschienen ist die neue Platte beim Hamburger Label Ear Music, für das die Musiker einen extra heftigen Applaus einfordern.

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Große Freiheit: Extreme – ultimative Spielfreude und stilistische Vielfalt

Der Überhit „More Than Words‟ markiert einen ruhig-emotionalen Höhepunkt des Konzerts. „Das ist ein Duett zwischen euch und uns‟, erklärt Bettencourt. Und im schönsten Chor erklingt der ikonische Song zur Akustikgitarre. Popkultur-Geschichte zum Mitsingen.

Doch was an den gut zwei Stunden Konzert besonders fasziniert, ist die Energie. Die ultimative Spielfreude. Die Verbindung zu den Fans. Die Liebe und Dankbarkeit nach all den Jahren. Und die stilistische Vielfalt von bretthartem Rock über Country und Blues bis hin zu „Get The Funk Out‟. Mit ihrer aktuellen Nummer „Rise‟ verabschiedet sich Extreme von Hamburg. Noch einmal rollen die Riffs durch Mark und Bein. Und im Anschluss steht das Publikum draußen auf St. Pauli – ein wenig wie ein nasses Handtuch, das heftig ausgewrungen wurde.