Hamburg. Ein sehr gelungener Auftakt: Das Nordlied-Festival eröffnete mit Frauke Aulbert und Anne Sofie von Otter im Kleinen Saal.

Zwei Sängerinnen in einem Recital auftreten zu lassen, ist schon mal ungewöhnlich. Und dann bringt die eine zu Beginn („Introduction“ von Ole Hübner) solche Knarz-, Quietsch- und Ploplaute hervor – im Wechsel mit klassisch gesungenen Tönen –, dass man sich ernstlich Sorgen um die Gesundheit ihrer Stimme machte.

Das neue Nordlied-Festival verlässt eingefahrene Liederabend-Rituale und präsentierte beim Auftakt im Kleinen Saal der Elbphilharmonie zwei Spitzensängerinnen: die auf Zeitgenössisches spezialisierte Frauke Aulbert und eine der vielseitigsten Mezzosopranistinnen: die Schwedin Anne Sofie von Otter.

Elbphilharmonie: Besonderer Auftakt des Nordlied-Festivals

Frauke Aulbert eröffnete auch die zweite Konzerthälfte. Bei Luciano Berios legendärer „Sequenza III“ waren neben Kichern oder Zähneklappern auch theatralische Qualitäten gefragt. Kein Problem für die brillante Sängerin. Im Gegenteil: Bei ihrem eigenen Stück „Voice Lab“ (Stimm-Labor) nahm sie karikaturistisch YouTube-Video-Blogs auf die Schippe. Mit piepsiger Stimme erklärte sie komplexe Gesangstechniken, die sie in atemberaubend virtuosen Wechseln auch vorführte.

Im Zentrum des Abends stand aber Anne Sofie von Otter. Da ging es klanglich etwas „normaler“ zu, aber nicht weniger spannend. Im ersten Teil fast durchweg klassische Liedkunst – von Stenhammer, Schubert oder Fauré sowie Ausflügen zu Pop-Songs u. a. von Sting (sensibel am Klavier Leif Kaner-Lidström). Im zweiten Teil war Berliner Kabarett der 1920er- und 30er-Jahre dann Trumpf. Gesangskenner Jens Malte Fischer lobte von Otter einmal als „größte Mezzosopranistin unserer Zeit“.

Mezzosopranistin überzeugt mit Charme und Ausdruckskraft

Auch beim Nordlied Festival bewies die Schwedin, dass sie eine wunderbare Künstlerin ist. Eine mächtige Stimme hatte sie nie, dafür feinste lyrische Qualitäten, Charme und Ausdruckskraft. All das kam der stilistischen Bandbreite ihres Hamburger Auftritts zugute. Romantische Innigkeit wie bei Schuberts „Taubenpost“ rührten genauso an wie laszive Zarah Leander-Hits („Kann denn Liebe Sünde sein“).

Exzellent auch die spritzigen Musiker: Pianist Adam Benzwi, Gitarrist Fabian Frederiksson und Geigerin Daniela Braun. Gerne mehr von solchen neuen Lied-Recitals.

Nordlied-Festival bis 2.12., Infos: nordlied.de