Hamburg. Heimspiel am Hamburger Hafen für den gebürtigen Schwarzwälder: Sieht so ein Auftritt unter Corona-Bedingungen aus?

Es gibt Menschen, denen scheint wirklich die Sonne aus dem Hintern. Max Giesinger ist so einer. In der Schwemme der deutschen Vorname-Nachname-Sänger der letzten Jahre mit Johannes Oerding, Tim Bendzko, Philipp Poisel, Andreas Bourani und Mark Forster ist der seit sechs Jahren in Hamburg lebende Schwarzwälder eher guter Durchschnitt: als Sänger, Songschreiber und Entertainer. Max Mustermann. Aber Giesinger hat sich sein Glück hart erarbeitet, von der Fußgängerzone in der Mönckebergstraße ging es über die Jahre zum am Sonnabend ausverkauften ersten von zwei Konzerten im Cruise Inn auf Steinwerder.

Stichwort Glück: Den ganzen Tag lang hat es böse geschüttet, mehrere Open-Air-Veranstaltungen in Hamburg wurden abgesagt und noch zehn Minuten vor Giesingers Auftritt kübelte es noch einmal ordentlich. Aber als er mit den Zeilen „Will der größte Optimist sein, wenn’s tagelang nur regnet“ in den Abend einsteigt, verziehen sich die Wolken, und ein blauer Himmel scheint über 1000 quietschbunten Regenmänteln, Windjacken und Plastikumhängen, die leise im Wind rascheln.

Giesinger spielte 2020 in Hamburg ein Autokonzert

„Schöner Regenponcho“, lobt auch Giesinger, als er schon beim zweiten Lied „Legenden“ die Stuhlreihen abschreitet. Alle stehen. Viele waren schon vor einem Jahr hier auf Steinwerder, als Giesinger ein Autokinokonzert gab und nicht in fröhliche Gesichter, sondern auf Windschutzscheiben schauen musste. Ihr zweistündiges Programm haben Sänger und Band seitdem umgestellt, auch weil schon wieder einige neue Songs wie „Deine Zweifel“ und „In meinen Gedanken“ erschienen sind. Auch sein Auftritt in der TV-Show „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“ wird nicht vergessen, er spielt sein Lied „Für dich“ so, wie es Ilse deLange in der Sendung gecovert hat.

Coverversionen hat auch Max Giesinger wieder einige parat an diesem Abend: „Despacito“ (Luis Fonsi und Daddy Yankee), „Englishman In New York“ (Sting), „Griechischer Wein“ (Udo Jürgens) und „Über den Wolken“ (Reinhard Mey) laden erfolgreich zum Mitsingen ein. Besonders ausgelassen ist die Stimmung natürlich bei Giesingers eigenem Hit „Wenn sie tanzt“.

Ordnungspersonal reagiert entspannter als bei Alligatoah

Die, die es noch auf den Sitzen hält, stehen auf ihrem Gestühl für ein besseres Videopanorama, ansonsten erinnert die wogende Menge aus dem richtigen Blickwinkel kaum noch an ein Konzert unter Coronaauflagen inklusive dem albernen „Tanzverbot“.

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Auch das Ordnungspersonal ist auffällig entspannter als beim ersten Cruise-Inn-Konzert von Alligatoah am Donnerstag. Angeblafft wird augenscheinlich keiner, selbst zwei völlig überdrehte Frauen aus der letzten Reihe, die ohne Maske quer durch den Garten zum Cocktailstand tanzen, werden freundlich und geduldig ermahnt.

Entsorgt an der Ausfahrtsschranke: Dornfelder, lieblich

Es ist ja auch schön hier auf Steinwerder. Die Belohnung für eine halbe Weltreise durch die Stadt sind nicht nur die Lieder „Zuhause“, „Rucksack“ und drei Zugaben, sondern auch ein fantastisches Abendlicht. Bei Max Giesingers EM-Hit „80 Millionen“, der 2016 den Durchbruch markierte, schippert ein Frachter durch den Ellerholzhafen und grüßt mit dem Schiffshorn. Max grüßt zurück und beendet den Abend mit „Für immer“: „Du hast gesagt, du bleibst für immer, dass wir die Lichter sehen, bis die Musik ausgeht.“ Ja, so geht’s. Und an der Ausfahrtschranke hat jemand die passende Weinflasche zu diesem Konzert entsorgt: Dornfelder, lieblich.