Hamburg. Die 8. Triennale der Photographie startet am 20. Mai. Ein Vorgucker vom MARKK über das Jenisch Haus bis zur Sammlung Falckenberg.

Den Horizont erweitern, Grenzen überwinden, andere Perspektiven entwickeln und voller Neugierde neue Verbindungen schaffen – so stellt man sich laut jüngster Marketingstrategie die idealen Kulturtouristen vor. Hamburg will in diesem Punkt künftig noch offener und attraktiver werden, neben Musicals und Elbphilharmonie auch weitere Kulturstätten und -events anpreisen.

Die 8. Triennale der Photographie, die an diesem Wochenende startet, ist prädestiniert dafür, gilt die Foto-Community gemeinhin als global und gut vernetzt. Darum bietet Hamburg Tourismus in diesem Jahr erstmals ein Triennale-Ticket kombiniert mit HVV und HamburgCard ab 29 Euro an, Reiselustige können ein Package mit Übernachtung ab 41,40 Euro buchen.

Ausstellung Hamburg: Vielfältiges Programm geplant

Doch bevor lauter neugierige Kulturtouristinnen und -touristen die Stadt überschwemmen, war die europäische Presse eingeladen. Auch dieses Programm kann sich sehen lassen: Brahms-Konzert in der Elbphilharmonie, Hafenrundfahrt, einzig das Hotel, so ist man sich unter den Hamburger Kollegen einig, hätte man sich nicht unbedingt am Rande von St. Georg gewünscht.

Von dort startete am Dienstag eine Shuttlebustour mit zwölf Journalistinnen und Journalisten, die für Medien wie „British Journal of Photography“, „Camera Aus­tria“, „Escubrir el Arte“, „Jeune Afrique“ und „Monopol“ berichten. So viel Französisch am frühen Morgen hatte man zuletzt während des Schüleraustauschs in La Rochelle gehört. Orte wie Marseille und Madrid wecken sofortige Urlaubslust. Aber man ist ja zum Arbeiten hier, sechs Ausstellungen stehen auf dem Plan – Triennale total. Die Neugierde auf die hiesigen Museen und ausstellenden Künstlerinnen und Künstler ist groß.

Großartige Fotografie, mal mit, mal ganz ohne Menschen

Charlotte March: Donyale Luna für „twen“, 1966.
Charlotte March: Donyale Luna für „twen“, 1966. © Charlotte March

Und schon mit der ersten von sechs Stationen an diesem Tag kann Hamburg groß auftrumpfen: Die Sammlung Falckenberg in Harburg ist schon räumlich beeindruckend. Dort wird im Rahmen der Triennale die Hamburger Fotografin Charlotte March (1929–2005) gezeigt. Ein ganzes Stockwerk ist allein ihren Modefotografien aus den 1950er- und 60er-Jahren gewidmet, die mit kuriosen Motiven wie etwa einer Badewanne auf dem Balkon, Spiegelungen und grafischen Elementen à la Courrèges und Op-Art die Lässigkeit und den Esprit der damaligen Zeit atmen.

Von Harburg nach Klein Flottbek, Culture Clash in nur 20 Minuten Autofahrt: Im Jenischpark geht es den Gästen genauso wie den Hamburgern – aufatmen, den Blick auf die Elbe und das wunderschöne klassizistische Jenisch Haus bestaunen, wo Sebastian Lux von der Stiftung F. C. Gundlach „Chiffren einer Stadt“, Fotografien von Hans Meyer-Veden (1931–2018), vorstellt. Während bei Charlotte March die Menschen im Fokus stehen, ist es in diesen stillen Bildern die Abwesenheit dieser: „Die Aufnahmen aus Altona, von der Elbe oder im Alten Land entstanden während unzähliger Spaziergänge, bei denen der Fotograf auf den richtigen Moment wartete“, so Lux. Auf dem Weg ins Zentrum passiert der Bus die einst besetzten Hafenstraßen-Häuser, die eben noch bei Meyer-Veden zu sehen waren. Überhaupt der Hafen: Köhlbrandbrücke, Containerterminal, Fischmarkt – schön, für einen Tag Touristin in der eigenen Stadt zu sein.

Retrospektive von dem Hamburger Fotografen Herbert List

Motiv aus „Archiv der Erfahrungen“ im MARKK.
Motiv aus „Archiv der Erfahrungen“ im MARKK. © ©MARKK | Paul Schimweg

Im Museum für Hamburgische Geschichte erwartet die Pressegruppe ein Experiment: Bezugnehmend auf eine der größten Münzsammlungen Europas hat Direktorin Bettina Probst zusammen mit der deutsch-mexikanischen Choreografin Yolanda Gutierrez und dem Fotografen Chris Schwagg eine tänzerische Performance entwickelt. Das übergreifende Thema der Triennale, „Currency“ (Währung), wird hier also ganz direkt umgesetzt.

Einmal durchatmen beim gemeinsamen Mittagessen im Cotidiano am Alten Wall. Anschließend geht es ins benachbarte Bucerius Kunst Forum. Dort läuft die mit 240 Originalprints groß angelegte Retrospektive des Hamburger Fotografen Herbert List: „Das magische Auge“. Direktorin Kathrin Baumstark führt die Journalistinnen und Journalisten durch die verschiedenen Lebensstationen und Schaffensphasen des Künstlers.

Aus einem Familienalbum wird globale Geschichte

Nach vier Ausstellungen ist der Aufnahmespeicher eigentlich randvoll, es stehen aber noch zwei weitere, sehr spannende Stationen auf dem Plan: Im MARKK hat der Residenzkünstler Kelvin Haizel das über 100 Jahre alte Fotoalbum der Hamburger Familie Hagedorn, das eng mit Singapur verbunden ist, als Grundlage für seine Arbeit „Archiv der Erfahrungen“ genommen. Indem er die ursprünglich privaten Bilder als Negative wie in einer Dunkelkammer inszeniert, erhalten sie eine allgemeingültigere Bedeutung, werden wirtschaftliche und globale Verknüpfungen sichtbar.

Das Museum der Arbeit in Barmbek ist mit „Streik. Fotogeschichten von Arbeitskämpfen“ dabei. Anhand bekannter Beispiele aus der ganzen Welt wird aufgezeigt, wie Bilder nicht nur dokumentieren, sondern auch zu Solidarität aufrufen, Missstände anprangern und letztlich zum Erfolg von Protesten führen können – Fotografie als Währung. Horizont erweitert, (sprachliche) Grenzen überwunden, neue Perspektiven eingenommen, Verbindungen geschaffen – Mission Triennale erfüllt.