Hamburg. Florian Heinisch überzeugte beim „Hamburg Recital“ im Kleinen Saal. Für alle, die es live verpasst haben, gab es eine Ankündigung.
Je länger er in Hamburg lebe, sagt der aus Eisenach stammende Pianist und Komponist Florian Heinisch, desto mehr entdecke er auch die Musik, die hier über die Jahrhunderte hinweg entstanden sei. So war die Zeit jetzt reif, sein mittlerweile drittes Elbphilharmonie-Konzert am Sonntag diesem Thema zu widmen und auch seltener aufgeführtem Repertoire, etwa der revolutionär eigenwilligen Musik Carl Philipp Emanuel Bachs oder den bezaubernd erfindungsreichen Klavierstücken von Felix Mendelssohn Bartholdys Schwester Fanny Hensel, dabei Raum zu gewähren.
Mit kraftvollem Anschlag ließ Heinisch die von irritierenden Pausen und fast schon rabiaten Charakterwechseln durchzogene Fantasie C-Dur Bachs beginnen und hatte hörbar Spaß an den unerwarteten harmonischen Wendungen. Voller Frische und straff im Aufbau folgten die Lieder ohne Worte Nr. 1 bis 3 op. 38 von Felix Mendelssohn Bartholdy, bei denen Heinisch den melodischen Fluss nur so strömen, die Schlussakkorde dann aber lange verklingen ließ.
Elbphilharmonie: Pianist Florian Heinisch überzeugte beim „Hamburg Recital“ im Kleinen Saal
Viel Wert auf eine kraftvolle Basslinie legte er auch in Fanny Hensels Andante cantabile Des-Dur und im zweiten Teil später in ihren Vier Liedern für das Pianoforte op. 8, die in der überwiegend eher frontalen Dynamik des Pianisten jedoch etwas mehr Feinzeichnung verdient hätten. Das galt auch für die Fantasia fis-Moll op. 28 „Sonate écossaise“ ihres Bruders Felix, wo allein schon die Themenexposition viel Gelegenheit geboten hätte, auch mal ins Piano zu gehen und nach einem abgedämpften Abschnitt den Neuaufbau umso wirkungsvoller hervortreten zu lassen.
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Wahre Höhepunkte des Abends waren aber die beiden Etüden „L’escalier du diable“ und „En suspens“ aus dem Buch 2 des an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater einst lehrenden György Ligeti. Sonst alles auswendig spielend, legte Heinisch vor Beginn der „Teufelsleiter“-Etüde kurz die Hände auf die mitgebrachten Noten am Pult, senkte den Kopf und musste sich für das bevorstehende rhythmische Feuerwerk und die fast aggressive Gewalt dieses nur von kurzen Ruhepolen durchsetzten Werks erst einmal sammeln. Beide Arme bis zu den Enden der Tastatur gespreizt, ließ er den Schluss dann fast 30 Sekunden im Raum verklingen.
Bewundernswert waren auch Heinischs Interpretationen der „16 Variationen über ein Thema von Robert Schumann“ und erst recht das Scherzo es-Moll op. 4 von Johannes Brahms, dessen kantige Härten und wilden Steigerungen er perfekt herausgearbeitet hat. Wer das „Hamburg Recital“ des Pianisten nun vielleicht verpasst haben sollte, wird es in Kürze, so kündigte Heinisch an, auch auf CD hören können.