Hamburg. Schlechtester Platz im Auto? Harmoniebedürftig? In einer neuen Hamburger Theaterproduktion stehen die Mittelkinder mal im Mittelpunkt.

Mit Familiendynamiken und -hierarchien ist es so eine Sache. Das wird den Besucherinnen und Besuchern der neuen Produktion „Sandwiches. Zwischenrufe der Mittelkinder“ am Jungen Schauspielhaus sehr schnell deutlich. Denn zunächst werden sie aufgeteilt in Erstgeborene, Mittelkinder – auch sehr bildlich „Sandwichkinder“ genannt – Nesthäkchen und Einzelkinder. Dann gilt es, in Gruppen drei Begriffe zu finden, was manch Unerwartetes ans Licht bringt.

Man erfährt, dass Erstgeborene sich vor allem mit den Begriffen „Verantwortung, Vorkämpfen und cool“ identifizieren, die Nesthäkchen sich „verwöhnt“, „frei“ oder „traurig“ fühlen. Die Einzelkinder sehen ihre Situation mit „allein“, „nicht teilen müssen“ und „kein Stress“ gut beschrieben. Doch die Sandwichkinder assoziieren sich mit „harmoniebedürftig“, „alte Klamotten“ und „manchmal traurig“. Sandwichkinder haben es nicht leicht, weil sie immer irgendwie dazwischen sind, ihre Rolle zwischen älteren und jüngeren Geschwistern finden und behaupten müssen.

Junges Schauspielhaus: Schlechtester Platz im Auto? So schwer haben es Sandwichkinder

Elf von ihnen sind auf der Bühne versammelt, in einem diversen und generationenübergreifenden Ensemble, von Anja Ruschival in wunderbare einfarbige Kostüme gekleidet. Alle stellen ihre häusliche Situation mithilfe weiterer Mitspielender wie in einer Familienaufstellung dar. Und sie erzählen davon, wie sie sich ihre Position in der Familienhierarchie erkämpfen.

Generationenübergreifende Produktion: „Sandwiches“ am Jungen Schauspielhaus ist für ein Publikum ab zehn Jahren gedacht.
Generationenübergreifende Produktion: „Sandwiches“ am Jungen Schauspielhaus ist für ein Publikum ab zehn Jahren gedacht. © Sinje Hasheider | SINJE HASHEIDER

Die gesamte Produktion unter der künstlerischen Leitung von Laura Brust beruht auf individuellen Erlebnissen, die sich zu nachdenklichen, auch mal erheiternden Zwischenrufen verdichten. Die intensive Probenarbeit, die Auseinandersetzung mit dem Thema, werden spürbar. Das ist sehr lebensnah und vom Ensemble mit großem Elan – und viel Talent – gespielt.

Man erfährt, dass man sich auch als drittes von vier Kindern als Mittelkind fühlen kann. Dass das Verhältnis zu den Geschwistern vom Altersunterschied abhängt und dass es sich über die Jahre gewaltig verändern kann. Es hat tatsächlich auch viel mit „alte Klamotten auftragen“, ein „Durchgangszimmer bewohnen“ und „dem schlechtesten Platz im Auto“ zu tun.

Theaterstück macht weniger selbstbewussten Mittelkindern Mut

Eine ganze Weile steht der Text im Mittelpunkt, dann wird es spielerischer, körperlicher, und das tut der Theaterperformance gut. Sie bekommt mehr Differenziertheit und mehr Leichtigkeit.

Schließlich macht die Produktion auch Mut. Mittelkinder gelten als weniger selbstbewusst. Doch schon im Spiel beweisen sie hier das Gegenteil. Und es kommen auch die positiven Aspekte der mittleren Position zur Sprache.

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Die engen Beziehungen zu den Geschwistern – älteste und jüngste sind ja in Jahren meist weiter auseinander –, die entwickelte Stärke, die jedes Individuum eine eigene Persönlichkeit ausbilden lässt. Es gibt immer genug Spielzeug und immer Mitspielende. Sehenswert – keineswegs nur für Mittelkinder oder ihre Eltern.

„Sandwiches. Zwischenrufe der Mittelkinder“, weitere Vorstellungen am 25.6., 18 Uhr, 26.6., 18 Uhr, 27.6., 18 Uhr, ab 10 Jahren, Junges Schauspielhaus, Wiesendamm 28, Karten unter T. 24 87 13; www.junges.schauspielhaus.de