Hamburg. 4000 Fans erlebten im ausverkauften Stadtpark ein rauschendes Konzert der Weltmusik-Band, doch einen Moment der Irritation gab es auch.
Eine spektakuläre Show bietet Bukahara in der Regel nicht, das ist bekannt. Dennoch haben 4000 Zuschauer in den seit Wochen ausverkauften Stadtpark gefunden, denn die vier Musiker sind geerdet und sympathisch, sie sind versierte Multiinstrumentalisten, ihre Songs zeichnen sich durch musikalische Vielfalt aus. Der Anspruch: die Fans zwei Stunden lang die Welt vergessen lassen.
Dafür bietet die Open-Air-Bühne im Stadtpark ein ideales Ambiente. Wer fühlt sich nicht wohl in diesem Areal mit der riesigen Hecke? Die übrigens 111 Jahre alt ist, wie die Bukahara-Musiker vor dem Konzert rausgefunden haben.
Bukahara im Stadtpark in Hamburg: Partystimmung, bis es um den Krieg in Gaza geht
„Tales Of The Tide“ heißt das aktuelle Album des Quartetts, das sich 2009 in Köln zusammengefunden hat. Alle vier studierten damals Jazz an der dortigen Musikhochschule. Mit Posaune und Geige, Gitarre, Mandoline und Sousafon, Bass und Schlagzeug instrumentieren sie ihre Lieder, die sich in dem Kosmos von Weltmusik, Folk und Pop bewegen. Auch arabische Einflüsse gibt es, denn Ahmed Eid ist in Palästina aufgewachsen, und Leadsänger Soufian Zoghlami hat tunesische Wurzeln.
Eigentlich möchte Bukahara das politische Geschehen aus ihren Konzerten heraushalten, erklärt die Band, doch angesichts des Krieges in Gaza falle das Ahmed Eid schwer. Zusammen mit Daniel Avi Schneider, der jüdischer Herkunft ist, singt er ein Lied, das von einem Vater und seiner Tochter in Gaza handelt. „Free Palestine“ fordert die Band, macht aber sogleich deutlich, dass dieses kein Statement gegen die jüdische Bevölkerung in Israel sein solle. „Der Krieg und die Unterdrückung müssen enden“, sagt Zoghlami und bekommt dafür viel Beifall vom Publikum. „Danke, dass wir das kommentieren dürfen“, fügt er hinzu. „We Are Still Here!“ und „Eyes Wide Shut“, die größten Hits der Band, werden zum Ende des Konzerts gespielt.
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Doch nicht alle vor Ort waren angetan. Im Anschluss an den Auftritt erreichten das Abendblatt Leserbriefe von Konzertbesucherinnen und-besuchern, die den Stadtpark bewusst frühzeitig verlassen haben. Mehrfach sei dort vom „Genozid“ in Gaza gesprochen worden. „Es wurde von der Bühne keinerlei Differenzierung vorgenommen. Es wäre gut gewesen, wenn sich die Band mit aller Deutlichkeit einfach mal kurz gegen alle Feinde der Freiheit gestellt hätte: Gegen den Krieg und gegen Islamisten – inklusive der Hamas“, kritisiert Konzertbesucher Stefan Rudschinat aus Fuhlsbüttel. „Meine Frau und ich waren sehr betroffen und haben aus Protest das Konzert - trotz der wunderbaren Musik - frühzeitig verlassen. Mit dem Gefühl, „ungefragt Teil einer propalästinensischen Kundgebung“ geworden zu sein.
Ähnlich erging es Konzertbesucherin Sarah Kessler. „Dass aus eigener Betroffenheit der Krieg thematisiert wird, kann ich nachvollziehen“, sagt sie. „Wofür ich jedoch kein Verständnis habe: Wenn nur ,Free Palestine‘ skandiert wird, ohne auch nur mit einem Wort die Hamas zu erwähnen.“