Hamburg. Da schaut auch Beatrice Egli gern zu in der Barclays Arena: Howie und Band entfesselten die Emotionen von 7.500 Fans.
„Wir haben die Leute immer noch nicht so weit, dass sie auf die Zwei und die Vier klatschen“, beklagte Howard Carpendale im November im Abendblatt-Interview. Aber es wäre taktlos, jetzt bei seinem Konzert am Mittwoch in der Hamburger Barclays Arena die kompletten zwei Stunden darauf zu achten, dass seine 7500 Fans auch ja nicht auch noch die Eins und die Drei erwischen.
Howard Carpendale, Südafrikas blonder Pop-Botschafter, ist jedenfalls kein Mann für eine Nacht. Es müssen schon drei sein, wenn nicht auf dem Hamburg-Abschnitt seiner laufenden „Let’s Do It Again!“-Tour, dann auf der langen Setliste des Abends. „Samstag Nacht“, „Eine Nacht in New York City“, „Nachts, wenn alles schläft“. Guten Abend!
Howar Carpendale in Hamburg: Kein Mann für eine Nacht
Also wie gesagt, kein Mann für eine Nacht, kein man für eine Tour. Nein, seit sechs Jahrzehnten steht der jetzt 78-Jährige auf der Bühne, und es macht ihm offensichtlich immer noch Spaß. Seine große, 14-köpfige Band, darunter der einzigartige Frank „The Bassface“ Itt, breitet für den Auftakt mit „Let‘s Do It Again!“, „Ist ein Leben genug“ und „Du bist das Letzte...“ einen beschwingt soulig-rockigen Teppich aus, auf dem Howies Stimme wandeln kann.
Das Lied „Ungesagtes“ ist nach den ersten 15 Minuten Stichwort für das, was Carpendale beinahe am wichtigsten ist bei seinen Shows: die Ansagen. „Ich rede schon gern viel mit den Fans, erkläre die Lieder und was sie mir bedeuten“, sagte er im Vorfeld und legt darauf viel Wert in der Barclays Arena. Ob sich die Sprüche wiederholen, dafür müsste man die Allesfahrerinnen fragen, die Howies Spuren im Sand folgen. Jedenfalls ist er wie auch Kollege Roland Kaiser keiner, der sich anbiedert. Gern kokettiert er mit seinem seifigen Schlager-Image oder seinem Alter.
Howie begeistert Jung und Alt gleichermaßen
Klar, er ist schon der Schatzi im Silbersee an diesem Abend, aber er holt auch durchaus noch neue Fans jüngerer Generationen ab. Und verglichen zum Beispiel mit Andrea Berg sind die Arrangements beim Beatles-Cover „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ (sein erster Hit 1969) oder bei „Das schöne Mädchen von Seite 1“ (mit Rap „modernisiert“, warnt Carpendale) weit weg vom deutschen Schlager-Buffta, nur das von der Band gespielte Intro der „ZDF Hitparade“ bedient akustisch die Nostalgie.
Und natürlich „Tür an Tür mit Alice“, wer auch immer diese Alice ist. Alle singen mit. Howie hört zu, genießt, denkt kurz an den geplagten Planeten („Willkommen auf der Titanic“) und gießt nach der Pause beim Beginn des zweiten Sets noch Party-Öl in das Hitfeuer mit „Hello Again“. Die Fans im bestuhlten Saal und auf den Rängen machen zwei Stunden Kniebeugen: aufstehen, hinsetzen, immer im Wechsel. Im Oberrang streiten sich Schunkelgirls und Tanzmuffel und keifen sich an. Ganz klar: „Das ist unsere Zeit“ ist für die Schunkelgirls, das traurige „Du bist doch noch hier“ für die Tanzmuffel. Für alle was dabei. Es geht, beobachtet von den Schlagerstars Beatrice Egli im Publikum und Nik P. auf der Bühne, quer durch die Jahre, wie schon 2022 bei seinem Programm „50 Jahre – Die Show meines Lebens“. Allerdings wurden Liedauswahl und -Reihenfolge 2024 komplett neu aufgestellt.
Howard Carpendale in Hamburg: Sein ganz persönliches Lieblingslied spielt er auch noch
Dazu gehört neben einem Klatschkursus (knapp die Hälfte kommt auf die Zwei und die Vier) auch sein im Oktober 2023 erschienenes 37. (!) Album „Let‘s Do It Again“, auf dem Howard Carpendale sein absolutes Lieblingslied aufgenommen hat: „Wild Horses” von Gino Vannelli. „Sing das Scheißding doch endlich, bevor du aufhörst“, soll sein Manager gesagt haben. Das Scheißding kommt auch in der Barclays Arena gut an, und man fragt sich, ob das wirklich das angekündigte letzte Album war. Allerdings möchte er sich nicht auf das Streaming-Zeitalter einlassen.
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Mal sehen, was da noch kommt. In Hamburg, laut Carpendale „die schönste Stadt Deutschlands“, sind es nach „Nachts, wenn alles schläft“ die drei finalen Songs „… dann geh doch“, „Ruf mich an“ (im Original „Life Is A Rollercoaster“ von Ronan Keating) und „Ti amo“. Vorne wird bei den Zugaben gedrängelt, Carpendale unterbricht und fragt, ob Saallicht bei einer Hilfeleistung gebraucht wird. Aber alles ist gut, es kann sofort weitergehen. Schlussapplaus auf die Einsundzweiunddreiundvier und Jubel. Dass dieser Mann vor 20 Jahren sein „Abschiedskonzert“ gegeben hat, bleibt weiterhin unfassbar.