Hamburg. Christian Thielemann ist krank, Mirga Gražinytė-Tyla dirigiert für ihn. Dass das klappt, war Arbeit – und Glück, verrät der Veranstalter.
Das für den 1. Juni geplante Konzert von Christian Thielemann, Lang Lang und der Sächsischen Staatskapelle Dresden in der Elbphilharmonie gehörte sicherlich zu den prominentesten Terminen der ganzen Saison. Es gibt nur noch wenige Restkarten. Und dann sagte Thielemann ab. Er ist krank, heißt es.
Für Burkhard Glashoff, den Geschäftsführer der Konzertreihe ProArte, hat sich der veranstalterische GAU in einen Glücksfall verwandelt. Wie es dazu kam und warum er sogar gleich dreimal Glück hatte? Erzählt er hier.
Hamburger Abendblatt: Wodurch haben Sie von der Absage erfahren?
Burkhard Glashoff: Durch das Orchester. Und dann fing die Maschinerie an zu laufen. Es geht in solchen Fällen darum, einen Dirigenten zu finden, den oder die das Orchester gut kennt oder auf der Wunschliste hat. Normalerweise setzt man sich sofort ans Telefon und ruft die wichtigsten Agenturen an, das sind so zwischen einem halben und einem Dutzend. Je hochkarätiger die Absage, desto weniger Agenturen sind relevant.
Normalerweise heißt: Hier lief es anders?
Wir hatten doppeltes Glück: Mirga Gražinytė-Tyla war zufällig frei – und zufällig wird sie von derselben Agentur vertreten, die auch die Tournee der Staatskapelle managt. Dadurch ging alles sehr schnell.
Thielemann-Ersatz in der Elbphilharmonie: Lang Lang musste auch gefragt werden
Wer hat bei so einer Suche den Hut auf?
Wenn es um einen Dirigenten geht, das Orchester, aber die Veranstalter reden mit. Da kam dann die Frage: Könntet ihr euch vorstellen, das Konzert mit Mirga Gražinytė-Tyla zu machen? Bei einer so wunderbaren Ersatzlösung habe ich natürlich sofort zugeschlagen.
Wird der Solist auch einbezogen?
Lang Lang musste auch gefragt werden, ob er sich das vorstellen kann. Angesichts der vorgeschlagenen Dirigentin war die Frage allerdings eher rhetorisch.
Was wird denn aus dem Programm?
Es geht darum, möglichst viel von dem ursprünglich vorgesehenen Repertoire zu retten. In diesem Fall betrifft das sehr unterschiedliche Werke, da ist das gar nicht so einfach. Das Orchester spielt auf seiner Tournee ja zwei Programme. Für das andere – das in Hamburg nicht gespielt wird – haben sie die Dirigentin Marie Jacquot gewonnen.
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Was dirigiert Mirga Gražinytė-Tyla also am 1. Juni?
Die erste Hälfte des Programms mit Lang Lang als Solist bleibt unverändert. In der zweiten Hälfte dirigiert sie statt „Ibéria“ von Debussy dessen „La Mer“. Außerdem war ursprünglich „La Valse“ von Ravel geplant, die Dresdner machen nun stattdessen Ravels „Daphnis et Chloé Suite Nr. 2“. Das war für uns sogar ein drittes Glück, denn das Werk hatten wir länger nicht.
Mal angenommen, man findet jemand nicht ganz so Tollen. Wie läuft das dann? In welchen Fällen sagt man ab?
Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, dass das Konzert stattfinden kann. Das ist auch vertraglich so geregelt. Eine Absage ist immer die Ultima Ratio.