Hamburg. Sopranistin Åsa Jäger ist im Großen Saal Herz und Seele der Aufführung, der Dirigent hinterlässt dagegen einen zwiespältigen Eindruck.
Was ist interessant an einer konzertanten Oper? Die Aufführung von Wagners „Walküre“ in der Elbphilharmonie macht es deutlich: Man hört das Geschehen im Orchester nicht nur deutlicher als aus dem Graben, man kann es auch sehen. Was ebenso reizvoll wie gefährlich ist. Dem Dresdner Festspielorchester und dem Concerto Köln ist der Stress einen geschlagenen Akt lang anzuhören. Schließlich sind der Risikofaktoren einige: die Akustik, ein nicht jahrelang aufeinander eingespielter Klangkörper, die komplexe Partitur – und ein Dirigent, dessen Zeichengebung immer wieder Rätsel aufgibt.
Kent Nagano steht bei diesem Konzert nicht als Hamburgischer Generalmusikdirektor am Pult, sondern als führender Kopf eines spannenden Unterfangens: Das Projekt „The Wagner Cycles“ befasst sich aus künstlerischer und wissenschaftlicher Sicht damit, wie Wagners „Ring“ bei seiner Uraufführung geklungen haben könnte. Die historischen Instrumente klingen oft leiser als moderne, die Musikerinnen und Musiker verwenden weniger Vibrato und artikulieren sprechender. Das ergibt einen durchhörbaren Klang, im Gegensatz zum berühmten Bayreuther Mischklang.
Elbphilharmonie Hamburg: Åsa Jäger kommt, singt und siegt als Walküre
In besagtem erstem Akt ist er allerdings überwiegend blutarm. Die Mühe des Zusammenspiels ist fühlbar, zumal Nagano häufig unklar schlägt. Die Celli singen nicht, sondern ringen um Einheitlichkeit, der Holzbläsersatz klingt unsauber, und die Geigengruppen mogeln sich geschickt ins Gefüge.
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Im zweiten Akt wirkt das Orchester dann wie ausgewechselt. Das Blech glänzt im Fortissimo, die Streicher trauen sich mehr, das Ganze bekommt Sinn. Und in diesen zweiten Akt fällt auch das zentrale Ereignis dieses Abends. Auftritt Brünnhilde. Die Schwedin Åsa Jäger kommt, singt und siegt auf ganzer Linie. Ihr leuchtender Sopran hat nirgends Mühe, sich gegen das Orchester durchzusetzen. Jäger kann sich jederzeit erlauben, zu nuancieren und das seelische Erleben von Wotans Lieblingskind nachzuvollziehen. Die ausgedehnte Abschiedsszene zwischen Vater und Tochter mit dem kultiviert gestaltenden Derek Walton ist ein ergreifender Schluss.
Das Publikum hat schon die beiden ersten Akte gefeiert. Am Schluss gibt es entfesselten Jubel für das meist überzeugende Gesangsensemble – ein paar Buhs sind auch dabei. Langweilig war dieser lange Nachmittag und Abend jedenfalls nicht.