Hamburg. Die Wiener Symphoniker und Cellist Gautier Capuçon im Großen Saal: Es gab viele berührende Momente, aber es blieben auch Wünsche offen.

Er ist in Hamburg kein Unbekannter: der tschechische Dirigent Petr Popelka (38); 2019/20 war er erster „Conductor Fellow“ beim NDR Elbphilharmonie Orchester. Nicht erst seitdem explodiert die Karriere des Musikers: Chefdirigent des Prager Radio Sinfonie Orchesters und des Norwegischen Rundfunkorchesters. Zurzeit tourt Popelka mit den Wiener Symphonikern durch Europa, in der kommenden Saison übernimmt er dort den Chefposten. Jetzt war Station in der Elbphilharmonie, mit dabei: der französische Cellist Gautier Capuçon.

Elbphilharmonie: Eindrückliches Konzert, dem zum Teil die Zwischentöne fehlten

Im Gepäck ein Stück „Tschechische Heimat“: Dvořáks Cellokonzert h-Moll mit seinen vielen Anklängen an tschechische Volksmusik – eine nostalgische Reise. Dvořák schrieb es kurz nach seiner berühmten neunten „Sinfonie aus der neuen Welt“, als er noch in Amerika Direktor des National Conservatory of Music in New York war. Ehrensache und Heimspiel also für Popelka, dem mit den Wiener Symphonikern gerade in den verinnerlichen Passagen berührende Momente gelangen, besonders bei den vielen ans Herz gehenden, exzellent servierten Bläserstellen – großartig die Solo-Oboistin!

Gautier Capuçon präsentierte sich als souveräner Solist. Warm, verführerisch sein Cello-Ton, atemberaubend leicht serviert die virtuosen Läufe, kammermusikalisch im Dialog mit den Orchester-Solisten. Da begleitete Petr Popelka sehr sensibel.

Elbphilharmonie: Es war zu spüren, dass Dirigent Petr Popelka ein Mann aus dem Orchester ist

Man spürte in jeder Sekunde, dass der tschechische Dirigent ein Mann aus dem Orchester ist. Immerhin war er fast zehn Jahre stellvertretender Solo-Kontrabassist in der Staatskapelle Dresden. Man spürte aber auch die überschäumende Energie von Petr Popelka. Die schnellen Sätze von Dvořáks Cellokonzert ging er sprühend an, setzte auf Kraft. Und das war dann manchmal auch ein bisschen zu viel. Zwingende Steigerungen ja, aber da war wenig Spielraum für Eleganz, mancher Höhepunkt wirkte forciert, weil schon vorher einiges Pulver verschossen war.

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Voller Adrenalin und jugendlicher Power waren dann auch die beiden frühen sinfonischen Dichtungen von Richard Strauss im zweiten Teil. Besonders im „Don Juan“ scheinen da wirklich die Hormone des damals erst 24 Jahre alten Komponisten zu explodieren. Das zeigte Petr Popelka eindrücklich, allerdings überzeugten hier wieder – ähnlich wie bei Dvořák – die schmeichlerischen, leisen Passagen. Genauso bei „Till Eulenspiegel“. Dieser Schelm agierte eher mit der Brechstange als mit durchtriebener Eleganz. Und dem „Zugaben-Wiener-Walzer“ erging es nicht anders. Ein eindrückliches Konzert, ohne Frage, dem ein wenig die Zwischentöne fehlten.