Hamburg. Mehr Plattdüütsch als Hochdeutsch: Die toll gespielte Komödie „Landünner“ hat viel norddeutschen Humor. Warum sich der Besuch lohnt.

Endlich Landünner. Seit 20 Jahren macht Klaus (Robert Eder) mit seiner Frau Regina (Birte Kretschmer) Urlaub auf einer Hallig im nordfriesischen Wattenmeer. Aber noch nie hat er dort eine Sturmflut erlebt, bei der es so richtig braust und tost und die Wellen die ungeschützte Hallig zu überfluten drohen. Klaus ist begeistert und würde am liebsten nach draußen gehen, um Fotos von dem Inferno zu machen. „Das ist die Klimakatastrophe“, mault die junge Anna (Nadja Wünsche), die ebenfalls in der Pension von Hertha Ketelsen (Meike Meiners) Unterschlupf gefunden hat. „Quatsch! Das ist die Nordsee“, antwortet Robert. Sturmfluten habe es an der Küste schon immer gegeben. Als Beweis präsentiert er Anna einen Bildband aus dem Jahr 1975 – „der Klassiker“ – mit Fotos einer Flut aus dem vergangenen Jahrhundert.

Umweltprobleme und Klimakrisen werden am Ohnsorg-Theater in „Landünner – Eine Nacht am Ende der Welt“ nicht verhandelt wie zu Beginn des Jahres in der Satire „Der letzte Pinguin“. Autor Hendrik Berg hat für die niederdeutsche Bühne einen „Inselkrimi“ geschrieben, wie es im Untertitel heißt. Regie bei der gefeierten Uraufführung führt Harald Weiler, die plattdeutsche Fassung besorgte Ensemblemitglied Meike Meiners. Zum Krimi wird das Katastrophen-Szenario, weil Anna und ihr Freund Matthes (Colin Hausberg) die Sparkasse in Bredstedt ausgeraubt haben und sich vor der Polizei auf das Eiland im Watt geflüchtet haben. Ihr nächstes Ziel ist die Südsee, aber der Weg dahin ist noch weit.

„Landünner“ im Ohnsorg: Eigentlich ganz gemütlich auf so einer Hallig im nordfriesischen Wattenmeer.
„Landünner“ im Ohnsorg: Eigentlich ganz gemütlich auf so einer Hallig im nordfriesischen Wattenmeer. © Oliver Fantitsch | Oliver Fantitsch

Bank-Lady Anna fuchtelt im Laufe des Spiels mit einem Revolver rum, aber so richtig gefährlich wirkt sie nicht. Zumal sie mit Matthes einen Freund und Komplizen hat, den man an der Küste mit Fug und Recht einen „Döspaddel“ nennen würde. Schon Colin Hausbergs Vokuhila-Frisur deutet an, dass Matthes nicht die hellste Kerze auf der Torte ist. Als das Bankräuber-Pärchen Robert und Regina begrüßt, nennt Anna sich Melanie, Matthes stellt sich mit seinem Klarnamen vor. Auch wenn er mit oder über Anna spricht, verhaspelt er sich regelmäßig und bekommt das Pseudonym nicht in seinen Kopf. Colin Hausberg spielt seine Figur als einen naiven und hilfsbereiten Kerl, der sein Herz auf der Zunge trägt, was im Bankräuber-Gewerbe nicht gerade ideal ist.

„Landünner“ am Ohnsorg: Die toll gespielte Komödie „Landünner“ hat viel norddeutschen Humor

„Landünner“ spielt im Wohnzimmer der Pension Ketelsen. Katrin Reimers hat dafür eine geräumige, maritime Stube gebaut, in der jede Menge ausgestopfter Möwen hängen und herumstehen. Sehr gelungen sind auch die Sounds, für die Jan W. Beyer verantwortlich ist. Wenn die Außentür geöffnet wird, heult der Orkan mit 120 Dezibel, und die Zuschauer sehen das aufgewühlte Meer. Wenn die Tür geschlossen wird, ist es mucksmäuschenstill. Inmitten ihrer Feriengäste geistert Hertha Ketelsen herum. Meike Meiners ist der Inbegriff norddeutscher Lakonie, sie schlurft über die Bühne, ist nur bedingt freundlich und erteilt ihrem Mann jede Menge Aufträge. Der ist allerdings schon vor 20 Jahren mit einem Krabbenkutter untergegangen. Statt des Klabautermanns hat er sich in Herthas Gedanken festgesetzt. Auf dem Höhepunkt des Sturms erscheint er für einen Geistertanz mit der Witwe.

Für die größte Komik in diesem lustigen Stück sorgen Robert Eder und Birte Kretschmer als Ehepaar Biehl. Beide kreuzen grundsätzlich im Partner-Look auf (braune Cordhose, Norweger-Pullover, Puschen), sie bemuttert ihn wie einen kleinen Jungen, hilft ihm beim Ausziehen des knallgelben Regenumhangs, trocknet ihm die Haare, ermahnt ihn, mit den nassen Gummistiefeln nicht die Stube zu betreten. Er, Gymnasiallehrer, ist ein kauziger Naturfreund und etwas weltfremd, was genau zur Abgeschiedenheit des Ortes passt. Regina hatte sich eigentlich eine Hochzeitsreise nach Venedig gewünscht, Klaus ist hochzufrieden mit Nordfriesland.

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Harald Weiler, der auch für die stimmigen Kostüme verantwortlich ist, hat „Landünner“ als eine Krimikomödie mit viel Witz und zahlreichen Gags inszeniert. Eine Beischlaf-Szene mit lautem Gestöhne aus dem Off, eine Blumengießkanne als Sexspielzeug und der norddeutsche Trinkspruch „Nich‘ lang schnacken, Kopp in‘n Nacken“ sind nur einige Beispiele, die für Lacher im Publikum sorgen. „Landünner“ ist ein gelungenes Beispiel für das althergebrachte Ohnsorg-Theater, das vor allem das Stammpublikum liebt: eine spritzige Komödie in einem norddeutschen Ambiente mit vordergründigem Witz, trockenem Humor und mehr Plattdüütsch als Hochdeutsch. Weiler und das wieder einmal starke Ensemble lösen diese Vorgabe ein und bescheren dem Publikum einen sehr unterhaltsamen Theaterabend.

„Landünner“, Ohnsorg-Theater, läuft bis 25.4., Karten unter T. 040/3508 0321; www.ohnsorg.de