Hamburg. „Ich sehe was, was du nicht siehst“, das Kunstspiel zum Mitmachen im Abendblatt. Diese Woche: „Letzte Lampe“ von Simon Modersohn.

Bei dem prominenten Nachnamen macht es natürlich gleich „Klick“. Simon Modersohn, Jahrgang 1991, ist der jüngste Sohn von Antje Modersohn, der Enkelin des berühmten Worpsweder Künstlers Otto Modersohn (1865–1943). Simon lebt und arbeitet seit seinem Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg (sein Bruder Gideon leitet die Produzentengalerie Hamburg). Die Kunsthalle hat sich gleich vier Bilder gesichert, die stellvertretend sind für die rätselhafte Malerei: „Kleines Theater“, „dienender Hund“, „Zaunkönig“ und „Letzte Lampe“ (2020) sind allesamt Dauerleihgaben der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen (SHK) an die Galerie der Gegenwart.

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„In seiner Malerei setzt sich Simon Modersohn meist mit alltäglichen Gegenständen auseinander. Vermeintlich unspektakuläre Bildwelten zeigen Vertrautes, durch irritierende Perspektiven und ungewohnte beziehungsweise surreale Details scheinen sie sich aber geradezu magisch aufzuladen“, schreibt die Kunsthistorikerin Marlene Schenk in der Sammlung Online. Das Werk „dienender Hund“ etwa zeigt einen handelsüblichen leeren Hundekorb, wie er zum Reisen oder zum Transport von Tieren benutzt wird. Durch die Abwesenheit von Hund und Frauchen/Herrchen bekommt er etwas Skulpturales.

„Letzte Lampe“: Ein Haus im Grünen, aber ganz und gar nicht idyllisch

Oder „Kleines Theater“: Das Bild zeigt einen geöffneten Backofen, darin eine schwarz verkohlte Pizza, gut zu erkennen durch die obere Leuchte. Drama! Katastrophe! Verzweiflung! Und das alles in einem banalen Küchengerät. „In seiner Monumentalität wirkt der Ofen geradezu bedrohlich, dem dramatischen Schauspiel im Bild kann nicht ausgewichen werden. Mit ironischem Augenzwinkern betrachtet Modersohn die Gegenstände in seiner Umgebung und verleiht ihnen durch die Betrachtung aus neuen Perspektiven so neue Aspekte und Bedeutungsebenen“, so Schenk.

Simon Modersohn, „Letzte Lampe“, 2020, Höhe x Breite x Tiefe: 30,5 x 50,4 x 2 cm, Öl auf Leinwand.
Simon Modersohn, „Letzte Lampe“, 2020, Höhe x Breite x Tiefe: 30,5 x 50,4 x 2 cm, Öl auf Leinwand. © Simon Modersohn | bpk/Hamburger Kunsthalle

Das hier abgebildete Ölgemälde „Letzte Lampe“ zeigt eine zentrale Baumgruppe um ein einsam gelegenes Haus, das in einer nicht näher definierten, gleichförmigen Landschaft zu stehen scheint. Das Gebäude wird durch die Bäume fast verdeckt; es ist in mehrere Grüntöne eingebettet, die so glatt wirken wie eine Wasseroberfläche. Nur ein hell erleuchtetes Fenster sticht aus dem ebenfalls grünlichen Dämmerlicht hervor. Diese Surrealität lässt an Künstler wie René Magritte denken. Modersohn verfremdet seinen Bildgegenstand durch kunsthistorische Zitate und das Einfärben der Natur; so wird aus einem gewöhnlichen Motiv eine rätselhafte und nahezu beunruhigende Szenerie. Ein Häuschen im Grünen, das aber so ganz und gar nicht idyllisch wirkt.

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Simon Modersohn nahm an der großen „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“-Ausstellung teil, die ab 2019 durch verschiedene Museen tourte. Die Autoren Nicole Büsing und Heiko Klaas schreiben im Katalog über die bei ihm wiederkehrenden ländlichen Einfamilienhäuser „mit geheimnisvoll erleuchteten Fenstern“, (...), die seinen Bildern „eine soghafte Ambivalenz“ verleihen. „Seine ausgedachten Szenerien kommen ohne Personal aus, dennoch gibt es Spuren vorausgegangener menschlicher Betätigung, die die Bilder subtil durchdringen. Im fein austarierten Spannungsfeld von An- und Abwesenheit, Zufall und Erinnerung, Tragik und Komik, Großstadterfahrung und Landleben entwickeln die Bilder Simon Modersohns ihre enorme Dichte und Ausgewogenheit.“