Hamburg. Beim Konzert mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) unter Kazuki Yamada lässt es die Solistin funkeln und blitzen.

Wenn jemand in jungen Jahren zum Star hochgejubelt wird, ist erst mal Skepsis angebracht. Eigentlich. Aber manchmal darf man auch einfach mitjubeln. Wenn dieser jemand schon so früh so überragend geigt wie María Dueñas. Die spanische Wahlwienerin, Anfang 20, ist eine zarte, feingliedrige Wucht.

Beim Auftritt in der Elbphilharmonie spielt sie das Violinkonzert von Beethoven, begleitet vom City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) unter Kazuki Yamada. Dueñas wirkt ganz bei sich und der Musik, sie formt einen süßen Ton, der viele Nuancen kennt. Er funkelt und blitzt, wo Beethoven virtuose Kaskaden schreibt. Beeindruckend, wie treffsicher die Finger der linken Hand über die Saiten rasen. Aber Dueñas zaubert auch mit der rechten, mit der sie den Bogen führt. In den Piano-Passagen streicht sie berückend weich. Im Adagio singt die Geige mit gedeckter Stimme. Ein inniger Moment, zum Weinen schön.

Elbphilharmonie: Das Orchester ist ein wachsamer Partner für die Solistin und die Musik

María Dueñas kann es sich leisten, den Ton bis ins Flüsterregister abzudimmen, weil das Orchester ihr den Raum dafür gibt. Das CBSO ist ein wachsamer Partner mit viel Empathie für die Solistin und die Musik. Es gilt als besonders freundliches Orchester, wie das Publikum von Moderator Michael Becker erfährt. Man wolle ganz Birmingham glücklich machen, verrät der Dirigent Kazuki Yamada — was durch die Insolvenz der zweitgrößten englischen Stadt und die geplanten drastischen Kürzungen im Kultursektor sicher nicht leichter wird.

Aber Yamada und seine Musikerinnen und Musiker lassen sich davon nicht unterkriegen. Mitreißend durchleben sie die verschiedenen Stadien des Liebeswahns, die Hector Berlioz in seine Symphonie Fantastique hineinkomponiert hat. Das Sehnen mit seinen zärtlichen Gesten, aber auch die Albtraum-Szenarien mit Hexensabbat, Drogentrip und der Vision von der eigenen Hinrichtung.

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Andere Orchester mögen das Stück noch homogener und technisch „sauberer“ interpretieren. Aber den besonderen Berlioz-Sound mit seinen nervös aufzuckenden Akzenten, mit seinen Geräuschanteilen und grellen Effekten, den bringt der Klangkörper aus Birmingham so transparent, so farbig und rau wie kaum ein anderer auf die Bühne.

Yamada reizt die Kontraste der Musik aus, mit vollem Körpereinsatz. Manchmal fast schon plakativ, aber immer packend. Wie im Fieberrausch hetzt er das Stück seinem Ende entgegen, treibt das Orchester in einen überwältigenden Lautstärkerekord. Man bekommt ein bisschen Angst um die Leute, die über den Großen Trommeln sitzen. Und ist gleichzeitig neidisch, dass sie das Wummern so direkt abkriegen.