Hamburg. Das Leben kann so einfach sein: Der Comedian Mario Barth präsentierte sein Humorverständnis und seine Weltsicht in der Barclays Arena.
Die Barclays Arena hat sich fast vollständig gefüllt, eingeladen hatte der Comedian Mario Barth zu seiner neuen Show „Männer sind Frauen, manchmal aber auch vielleicht…“. Dass er sich besonders an einer zeitgemäßen Auseinandersetzung mit Geschlechtsidentitäten abarbeiten würde, war erwartbar, doch inhaltlich hat sich sein Fokus inzwischen leicht verschoben.
Frühere Programme hießen „Männer sind Schweine, Frauen aber auch“ oder „Männer sind peinlich, Frauen manchmal auch“ – inzwischen aber stehen andere Gruppen im Mittelpunkt von Barths Aufmerksamkeiten. Neben arg flachen Anekdoten aus seinem Alltag als antiautoritärer Patenonkel sind es nun vor allem Veganer, Aktivisten und Menschen, die sich für eine Gender- und Rassismussensible Sprache einsetzen. Menschen also, die höchstwahrscheinlich keine Mario-Barth-Fans sind. So wurde sein Auftritt immer mehr auch zur Echokammer für Barths eigene Sicht auf die Welt.
Comedy-Programm: Mario-Barth-Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Zur Sache kam Barth ohne größeren Anlauf und sehr direkt: In Berlin sei man montags ein Mann, dienstags ein Straßenschild und mittwochs dann ein Baum – das Publikum war bereits hier schwer begeistert. Barth beschwerte sich ausgiebig darüber, dass man heutzutage rein gar nichts mehr sagen könne, ohne als „Schwein“ gebrandmarkt zu werden, ausblendend, dass er gerade vor über 10.000 Menschen sagte, wonach ihm war. Man dürfe nicht mehr „Zigeunersoße“ sagen, und „Indianer“ erst recht nicht. Akkurat stellte Barth außerdem fest, dass es eigentlich „Indigene“ heißt und prustete daraufhin los, als sei allein das bereits eine Pointe. Dass Disney vor bestimmten Filmen aufgrund rassifizierter Abbildungen heutzutage Zuschauer warnt, fand er ebenfalls blödsinnig. Überhaupt zeichnet ihn aus, dass er latent „gegen“ etwas ist, statt „für“ etwas – außer vielleicht fürs Grillen.
Den lautesten Applaus erntete Barth mit der Aussage, dass er nicht gendere, weil er ja einen Schulabschluss besitze. Diese These ließ sich übrigens in der Merchandising-Abteilung des Comedians wiederentdecken und mehrfach käuflich erwerben: „Ich gender nicht! Ich habe einen Schulabschluss“ steht nicht nur auf einem T-Shirt, sondern auch auf einer Mütze, einem Schlüsselbund, einem Feuerzeug und einem Kapuzenpullover.
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Mario Barth: Witze auf dem Rücken Andersdenkender und Minderheiten
Dass Barth sich besonders polarisierte Debatten für seine Abendunterhaltung aussuchte, ist wenig überraschend. Nach seiner Entweder-oder-Logik lässt sich unsere Gesellschaft ganz einfach in zwei verfeindete Lager einteilen: die vermeintlich Traditionellen und damit Vernünftigen gegen die „Dummen“ und „Spaßlosen“, die schlichtweg zu gegenwartsverweichlicht sind, um zu verstehen, dass alles, was Barth auf seinen Bühnen von sich gibt, am Ende doch nur ein großer, vor allem aber harmloser Spaß sei. Grautöne, die wichtigen Zwischentöne fehlten völlig. Und das, obwohl sich Barth erst Anfang Februar im „Stern“ mit anderen Prominenten gegen den deutschen Rechtsruck und die AfD positioniert hatte.
Rassismus und Antisemitismus seien zu bekämpfen, sagte er dort, denn das sei „nicht zum Lachen“. Warum er trotzdem den Großteil seines Programms mit Witzen füllte, die nur zu funktionieren scheinen, wenn sie auf dem Rücken politisch Andersdenkender und ethnischer Minderheiten ausgetragen werden, blieb ein unauflöslicher Widerspruch. Denn Barth fantasierte in seinem neuen Programm eine Zensur herbei, der er nun wirklich nicht ausgesetzt ist.