Hamburg. Till Reiners und Moritz Neumeier drehen richtig auf. Das erinnert an den jungen Hape Kerkeling und eine Neuentdeckung gibt es auch.
„Schund und Asche‟. Ein guter, griffiger Name für ein Comedy-Programm. Das klingt nach Wortspielen, Reibung, womöglich auch nach etwas leicht Abgründigem. Seit nun mehr zehn Jahren laden Moritz Neumeier und Till Reiners unter diesem Titel zur gepflegten Stand-up-Kabbelei. Diesmal in den großen Saal der HamburgerLaeiszhalle. Ausverkauft.
Die (vornehmlich junge) Fangemeinde ist am Start und jubelt frenetisch, als die beiden auf die Bühne kommen. Und um die wohlfeil inszenierte Rivalität direkt anzustacheln, fragt der gebürtige Schleswig-Holsteiner und Wahl-Hamburger Neumeier bei seinem Kontrahenten erst einmal Lokalwissen ab. „Welche Fußballmannschaften gibt es hier?‟ Reiners, seines Zeichens Berliner mit NRW-Vergangenheit, laviert: „Je nachdem.‟ Viel Gelächter. Doch dann holt Reiners (selbst Bremen-Fan) aus: Der kultige Familienvater, der gerne Tomte hört, der sei St.-Pauli-Fan. „Alle anderen? HSV‟.
Laeiszhalle Hamburg: Trockene Pointen machen den Comedy-Abend höchst amüsant
Es sind solche kurzen trockenen Pointen, die den Abend höchst amüsant machen. Und die zickige Energie zwischen den beiden humoristischen Duellanten. Mitunter wirkt das frotzelnde Geplänkel zwar wie einer dieser Laber-Podcasts, die in solch einer Zwei-Typen-Konstellation zuhauf existieren. Doch immer wieder kriegen die beiden die Kurve hin zu Witz und Dynamik. Auch durch mitunter slapstick-haften Körpereinsatz (besonders von Neumeier). Und vor allem durch Interaktion mit dem Publikum. So bitten sie etwa drei Gäste auf die Bühne und dichten ihnen fiktive Biographien an (Trixi, Ende 40, gibt Seidenmalerei-Kurse, nachdem sie sich als Mechatronikerin einen Bandscheibenvorfall zugezogen hat).
Unbedingt famos auch der Gastauftritt des jungen Hamburger Komikers Alex Stoldt (15. Mai, St. Pauli Theater), der dem aufgedrehten Mit- und Gegeneinander von Reiners und Neumeier eine wunderbare Lakonie entgegensetzt. Unter anderem erkundet er, wie lange sich ein Gag in Dauerschleife ausdehnen lässt.
Till Reiners in der Hamburger Laeiszhalle: „Hund ist doch kein Hobby, den hat man“
In der zweiten Hälfte fahren die zwei Gastgeber dann verbal noch einmal richtig hoch. Reiners empfiehlt sich mit seiner Handpuppe Rabastian als Kinderschreck. Und unter dem Titel „Das menschliche Quartett‟ suchen sie sich zum Finale je drei Gäste aus dem Saal, die sich sortiert nach Hobby, Wohnort und Beruf gegenseitig ausstechen sollen. Natürlich soll da das Hobby Frauenfußball (in der Oberliga Hildesheim) von Reiners Kandidatin den Labradoodle von Neumeiers Anwärterin übertreffen.
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„Hund ist doch kein Hobby, den hat man“, echauffiert sich Reiners. Sehr schön auch dessen Einsatz für das Dorf Fitzbek (von dem er ganz offensichtlich noch nie zuvor gehört hat). In die 370-Seelen-Gemeinde, da würden die Leute reisen, um richtig runterzukommen. „Fitzbek, das ist ein Noise-Cancelling-Kopfhörer als Dorf.“ Mit seiner süffisant-schnippischen Art wirkt er manchmal wie ein junger Hape Kerkeling. Und mitunter scheint Neumeier nichts anderes übrig zu bleiben, als verblüfft danebenzustehen. Oder extra noch mehr Kontra zu geben. (Vermeintliche) Gegensätze ziehen sich an. Dieses Konzept geht bei „Schund und Asche“ definitiv auf.