Hamburg. Beeindruckend: Der Pianist Florian Uhlig brachte in einer Reihe von David Stromberg ein fast vergessenes Instrument zum Klingen.

Von einem Klavier, das ein Orchester zwar nicht ersetzen, seiner Klangfülle und -vielfalt aber so nah wie möglich kommen kann, haben vor allem die Pianisten der Spätromantik schon immer geträumt. Was die weit entwickelten exzellenten Flügel um die Wende zum 20. Jahrhundert an Volumen bereits zu bieten hatten, reichte dem 1863 geborenen ungarischen Komponisten Emanuel Moór allerdings nicht aus. Und da er neben seiner schöpferischen Begabung auch ein Tüftler und Erfinder war, zerlegte er mithilfe eines Tischlers seinen heimischen Flügel und baute den Prototypen eines Duplex Pianos mit demselben Saitensatz, aber zwei Manualen, die sich mit einer raffinierten Pedalmechanik koppeln lassen und Doppelklänge erzeugen konnten. Das verstärkte die Kraft des Klangs und erzeugte auch mithilfe des eine Oktave höher klingenden oberen Manuals eine Wirkung, als spielten zwei anstelle eines Pianisten an diesem Instrument.

Der Cellist und Kammermusiker David Stromberg fand im Hause der Hörspielproduzentin Heikedine Körting-Beurmann ein noch spielbares Instrument der legendären Klavierbaufirma Bösendörfer, die wie viele andere großen Flügelhersteller Moórs Idee aufgegriffen und nachgebaut hatten. Nach Moórs Tod und dem beginnenden Zweiten Weltkrieg geriet das kuriose, aber ungemein reizvolle Instrument in Vergessenheit und wird in Strombergs dreiteiliger Konzertreihe in der Elbphilharmonie vom Pianisten Florian Uhlig nun zu neuem Leben erweckt.

Elbphilharmonie Hamburg: Im Konzert war nicht nur das Duplex Piano der Star des Abends

Im Konzert am Montag war aber nicht nur das Duplex Piano der große Star des Abends, sondern auch eine Violine und eine Viola aus Moórs erfinderischem Labor. Seine Moór-Bratsche habe er erst in den letzten Tagen wachgeküsst, sagte der Bratscher und Kammermusikpartner Strombergs, Hartmut Rohde, bei der kurzen Vorstellung der Instrumente. Die nicht leicht gehöhlten, sondern flachen, aber konvex leicht gebogenen Holzdeckel erzeugten genau wie die von Andrej Bielow gespielten Violine einen stark gebündelten Klang.

Beeindruckend waren die satten Akkorde des Duplex Pianos allein im Kopfsatz von Gabriel Faurés Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op. 15 oder das übermütige Scherzo, bei dem das Klavier sich vor allem in der tiefen Lage von den frechen, sowohl gezupften als auch gestrichenen Streicherpassagen absetzte. Die Moór-Violine und -Bratsche überzeugten aber auch bei den vielen lyrischen Stellen oder dem energiegeladenen Finale, bei dem sich aparte Klangfarben mischten, wie man sie so kaum je gehört hat.

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Wie die Wucht und pointierte Präzision dieses für Uhlig wegen des schwereren Anschlags alles andere als leicht zu spielenden Instruments auch den Cellisten David Stromberg zu weit intensiverer Klanggebung und dramatischerer Gestaltung anregten, bewiesen die Musiker auch in Moórs Cellosonate a-moll op. 53 und alle zusammen beim berühmten Klavierquartett g-Moll von Brahms, das Arnold Schoenberg sechs Jahre nach Moórs Tod dann aber doch noch orchestrieren wollte.