Hamburg/Berlin. Auch an Hamburgs Bühnen wird in den kommenden Tagen protestiert. Es geht um gravierende Missstände und faire Arbeitszeiten.

Wer in den kommenden Tagen eines der Hamburger Staatstheater besucht, könnte dort auf Mitarbeiter treffen, die ein großes X aus Absperrband am Körper tragen. Und Flyer verteilen. Vielleicht wird nach dem Schlussapplaus auch eine kurze Rede ans Publikum gerichtet. Denn erstmals haben sich gleich drei Gewerkschaften zusammengetan, um auf gravierende Missstände in ihrem Berufszweig hinzuweisen.

Unter dem Motto „#StoppNVFlatrate“ haben sich der Berufsverband Schauspiel (BFFS), die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) und die Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles (VdO) auf eine gemeinsame Kampagne bis zum 18. Februar verständigt, die auch auf die Solidarität des Publikums setzt.

Protest in Hamburg: Auch Schauspieler müssen mal frei haben

Anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz formuliert es die Hamburger Schauspielerin Klara Deutschmann, Vorstandsmitglied im BFFS, deutlich: „Theater ist unsere Leidenschaft, aber die Schlagzahl wurde immer weiter erhöht, die Anzahl der Beteiligten zur gleichen Zeit verringert.“ Es fehle an Arbeitszeitregelungen und Planungssicherheit für die an den Theatern Beschäftigten. Probenzeiten würden häufig kurzfristig angesetzt, was etwa Schauspielerinnen und Schauspieler mit Familie vor gewaltige Herausforderungen stelle.

Die Realität sehe so aus: Beschäftigte hätten einen Vertrag, der es dem Arbeitgeber, also den Landestheatern sowie den Stadt- und Staatsbühnen, ermögliche, rund um die Uhr auf ihre Arbeitskraft zuzugreifen. Ausgleich gebe es nur auf die gesamte Spielzeit berechnet und selten kurzfristig, wenn er eigentlich vonnöten sei.

„Keine Einschränkung der Kunst, aber einen geregelten Kunstbetrieb“

2019 gab es die letzten Tarifverhandlungen der drei Schwestergewerkschaften mit dem Tarifpartner, dem Deutschen Bühnenverein. Die aktuellen Gespräche wurden im November nach vorherigem Abbruch wieder aufgenommen. In der kommenden Woche soll es einen Neustart zum Thema Arbeitszeitmodelle geben. Hierfür wird zunächst nach Wegen gesucht, wie sich Arbeitszeiten erfassen und besser – und sozialverträglicher – disponieren lassen.

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Konkrete Forderungen sind laut Lisa Jobt, Präsidentin der GDBA, ein Zeitrahmenmodell mit in der Regel zwei, manchmal drei Stundenblöcken, innerhalb derer Dienstleistungen disponiert werden könnten, planbare Arbeitszeiten mit klaren Probenzeitenregelungen, Entlastungen, um Belastungen zu kanalisieren, und verbesserte Arbeitsbedingungen für Kunstschaffende mit Gastverträgen. „Wir wollen keine Einschränkung der Kunst, aber einen geregelten und professionellen Kunstbetrieb“, so formuliert es Tobias Könemann, Geschäftsführer der VdO.

Das Thema Arbeitszeit ist jedoch nur der Anfang, denn letztlich geht es den Beteiligten um eine Reform des sogenanntes Normalvertrags (NV) Bühne hinsichtlich Arbeitszeit, Bezahlung und Sozialschutz.