Hamburg. Beim Hamburg-Auftritt der koreanischen Jazzsängerin ist nicht nur das Publikum gerührt. Ein hinreißender Abend!

Kurz vor Ende ihres Auftritts muss sich Youn Sun Nah ein paar Tränen aus dem Gesicht wischen. Norma Winstones „Just Sometimes“ hat sie gerade so ergreifend interpretiert, dass ihre Augen feucht geworden sind. Die koreanische Jazzsängerin schafft es immer wieder, sich ganz tief in die Songs hineinzufühlen, sodass es zu diesen Momenten der Rührung kommt – die sich auf das Publikum übertragen, das seinerseits vom Vortrag der Künstlerin aus Seoul gefesselt ist.

Bei ihrem Konzert im fast ausverkauften kleinen Saal der Laeiszhalle widmet Youn Sun Nah sich vor allem Liedern anderer Künstlerinnen und interpretiert diese auf ihre eigene Art und Weise. „Elles“ heißt ihr aktuelles Album, es enthält zehn dieser Nummern von Kolleginnen, die sie seit Jahren verehrt.

Youn Sun Nah in Laeiszhalle: Mit „Feeling Good“ beginnt das 90-minütige Konzert

Wie zum Beispiel Nina Simone. Mit „Feeling Good“, diesem Aufbruchslied aus den 60er-Jahren, als die afroamerikanische Bevölkerung vehement ihre Bürgerrechte einforderte, beginnt das 90-minütige Konzert. Beim folgenden „Cocoon“ von Björk wird es sehr sanft, Astor Piazzollas „I‘ve Seen That Face Before“ in der Version von Grace Jones verwandelt Youn Sun Nah in eine rhythmische Tanznummer, bevor es mit dem Gospel „Sometimes I Feel Like A Motherless Child“ wieder ergreifend wird. Die Koreanerin, die lange in Paris studiert und gelebt hat, nimmt das begeisterte Publikum mit auf eine Achterbahn der Gefühle, ihre Setliste hat sie ohne Scheu vor radikalen Brüchen zusammengestellt.

Begleitet wird sie von dem in Frankreich lebenden serbischen Pianisten Bojan Z, den sie als „unglaublichen Musiker“ ankündigt. Doch Bojan Z ist nicht der kongeniale Begleiter, den man sich für Nahs Gesang gewünscht hätte. Bei vielen Nummern ist sein Anschlag viel zu hart, er spielt zu laut, als habe er vergessen, dass er nur der Begleiter einer Vokalistin ist. Gerade bei „Cocoon“ oder Maria Joãos „Coisas Da Terra“ mangelt es ihm an spielerischer Eleganz.

Youn Sun Nah in der Laeiszhalle: Das Fender Rhodes Piano passt oft nicht zur Stimmung

Auch der häufige Einsatz des Fender Rhodes Pianos mit seinem hellen und klirrenden Klang passt oft nicht zur Stimmung der Songs. Bei Jon Cowherd, mit dem Youn Sun Nah das Album „Elles“ in New York aufgenommen hat, klingen die Stücke im Zusammenspiel sehr viel harmonischer.

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Doch es gibt zum Glück viele betörende Momente an diesem Abend. Ergreifend sind Nahs Versionen des Jazz-standards „My Funny Valentine“ und von Tim Buckleys „Song To The Siren“. Ein weiterer Höhepunkt ist ihr Vortrag von Roberta Flacks Ballade „Killing Me Softly With His Song“. Bojan Z hat Pause, und Youn Sun Nah begleitet sich mit einer von ihr gedrehten Spieluhr. Hinreißend!