Hamburg. Harald Lesch nutzt ein Hamburg-Konzert der „Vier Jahreszeiten“ für Aufklärung über den Klimawandel – rhetorisch brillant.
„Auf geht’s, Herrschaften, viel Vergnügen“, rief Harald Lesch fast wie ein Zirkusdirektor zur Begrüßung seinem Publikum in der Laeiszhalle entgegen. Die Manege gehörte ihm am Dienstag, aber anders als bei seiner ungebrochen erfolgreichen ZDF-Fernsehreihe „Leschs Kosmos“ nicht allein, denn er teilte sie mit dem auf Barockmusik spezialisierten Merlin Ensemble Wien, das gleich die ersten Takte des „Frühlings“ aus Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ anstimmte. Tatsächlich, so verriet Lesch später, habe er zur Musik ja eine viel engere Beziehung, als manche ihm vielleicht zutrauten, schließlich sei er ein „leidenschaftlicher, wenn auch schlechter Klavierspieler“.
Über Vivaldi und seine Tricks, mit wuchtigen und wie im „Winter“ sogar geräuschhaften Klängen die Atmosphäre der Jahreszeiten von schwülen Sommern bis hin zu knisternden Eiskristallen klanglich einzufangen, verlor er dann auch kein Wort. Wie in einem Melodram sprach er manchmal sogar über die Musik oder bildete mit seinen packenden Ausführungen zur Geschichte unserer Erde und den drastischen Veränderungen durch den Klimawandel Brücken zwischen den Satzfolgen der vier Konzerte.
Harald Lesch in der Laeiszhalle: „Mit der Natur kann man nicht verhandeln“
Lesch hat dieses unfassbare Talent, komplexeste Inhalte in gut verdauliche Häppchen zu zerlegen, Fakten mit Humor zu würzen und dennoch die Linie seiner Argumentation nie aus dem Auge zu verlieren. „Vivaldi hat es mir gegenüber da einfacher“, gestand der blendende Rhetoriker lächelnd ein, „denn ich bin der Kerl der Zahlen.“ Als er auf die dramatische Erderwärmung, die trockenen und viel zu heißen Sommer, die Starkregen oder das Abschmelzen des Eises in der Arktis und der Antarktis zu sprechen kam, grenzte er unsere Möglichkeiten knallhart ein. „Uns allen müsste langsam klar sein, dass man mit der Natur nicht verhandeln kann. Der einzige Dialog, der uns bleibt, ist ein wissenschaftlicher.“
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Weniger ein wissenschaftlicher als ein durch und durch künstlerischer Dialog gelang dem Physiker und Professor jedoch mit den Musikerinnen und Musikern des Merlin Ensembles Wien. Auch wenn deren Interpretation des oft gespielten Werkes zuweilen etwas zu konventionell war, klangen die historischen Streichinstrumente, vor allem die venezianische Geige Mattheo Goffrillers vom Ensembleleiter und Solisten Martin Walch, einfach großartig.