Hamburg. Regisseurin Houbrechts sorgt mit „Grandpa Puss; or how God disappeared“ für ein eindringliches Gastspiel zum Ende der Lessingtage.

Auf einer dunklen Bühne, die von einen schwarzen Quader dominiert wird, spricht ein Großvater (Stefaan Degand) mit seiner Enkelin, soweit so normal. Doch bald kreisen die Gespräche um seine traumatischen Erlebnisse von Missbrauch, die er als Ministrant durch einen katholischen Pfarrer erlitt und die ihn nicht loslassen.

Die junge belgische Regisseurin Lisaboa Houbrechts sorgt mit ihrem Theaterabend „Grandpa Puss; or how God disappeared“ für ein eindringliches Gastspiel am letzten Festivalwochenende der Lessingtage im Thalia Theater.

Thalia Theater: Dunkles Familiendrama zum Ende der Lessingtage

Es ist ein heikles, emotional aufgeladenes Thema, das Houbrechts sehr gekonnt in einem Gesamtkunstwerk aus Text, Tanz, Gesang, Puppenspiel und Live-Akkordeon einbindet. Sie beherrscht ihre Mittel, auch wenn die Simultanität für das Publikum manches Mal zur Herausforderung wird.

Während ihr exzellentes Ensemble die wunderbaren Choräle aus Johann Sebastian Bachs Johannespassion singt, spielt sich das dunkle Drama der Familie ab. Der Missbrauch setzt sich in der nächsten Generation durch einen Onkel fort. Als wäre das der Tragik nicht genug, erleidet Großmutter Puss, gespielt von Elsie de Brauw, eine Krebserkrankung. In ihrer ruppigen Ehe schenken sie und Großvater Puss sich nichts. Die Freude des alten Mannes sind seine Katzen und – auf eine noch unschuldige Weise – die Enkelin.

Auch wenn der Abend insgesamt ästhetisch und inhaltlich zu überfrachtet ist, spürt man das starke persönliche Anliegen der Regisseurin, die hier auch ein autobiografisch inspiriertes Thema verarbeitet. Dafür stehen ihr starke Partner zur Seite. Die gemeinsame Produktion des Performance-Kollektivs laGeste (früher les ballets C de la B), der Opera Ballet Vlaanderen und des Toneelhuis Antwerpen, wo Houbrechts seit 2022 Teil des Leitungsteams ist, hat viele kraftvolle Szenen.

Düsterer Abend im Thalia Theater endet hoffnungsvoll

Es gibt überraschende Wendungen, etwa wenn die vordere Wand des Quaders fällt und dutzende Zeitungsschnipsel sich bis in die ersten Zuschauerränge verteilen. Der Quader mit seinem Innenleben aus Treppen und Öffnungen wird zum Symbol für die verschlungenen Wege des Unbewussten.

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Höhepunkt ist ein Dialog der Großeltern. Für den Großvater hat sich die Sache mit Gott erledigt. „Den Himmel gibt es nicht“, brüllt er. Er hatte sich sogar erleichtert gezeigt, als die Nationalsozialisten der katholischen Kirche den Schuldienst verwehrten. Für die Großmutter dagegen ist alles Gottes Wille.

Am Ende ist es an der Enkelin, ihren Weg aus der Gewaltspirale der Familie zu finden. Und so endet dieser düstere Abend immerhin hoffnungsvoll.

„Grandpa Puss; or how God disappeared“ 3.2., 19.30 Uhr, Thalia Theater, Alstertor, Karten unter T. 32 81 44 44; www.Thalia-theater.de