Hamburg. Im April spielen sie in Hamburg: Indierocker melden sich mit neuer Musik beachtlich zurück. Falco reißt es immer noch raus, oder?
Alte Hüte sitzen am besten, also bitte. Man muss deswegen nicht gelangweilt aufstöhnen, wenn mal wieder von der genialen Austro-Englisch-Strategie alpenländischer Musiker die Rede ist. Falco und so. Also, hier noch mal der ganz alte Hut: Die sonst doch sehr unterschiedlichen Bands Bilderbuch und Ja, Panik gehören klar zu den Anführern (überwiegend) deutschsprachigen Popschaffens. Manche zählen noch Wanda dazu, auch die Österreicher, na ja. Und so oder so: Tu felix Austria! Wer solche Bands hat, verträgt auch, wenn deren Mitglieder nicht im schönen Wien, sondern im schaurigen Berlin leben.
Wobei, wie gesagt, das Deutsche auch bei Ja, Panik, um in Berlin zu bleiben, so gerne ins Englische hinüberwechselt. Mit österreichischer Färbung, das muss so seit Hans Hölzel Superstar. Ja, Panik ist eine aus dem Burgenland stammende, 2005 in Wien gegründete und seit Langem in Berlin ansässige Band. Man kannte sie eine Zeitlang auch in Hamburg recht gut, weil Andreas Spechtl, Stefan Pabst und Kollegen regelmäßig hier auftraten, auch auf dem Dockville-Festival. Bis 2014 und dem vermutlich zugänglichsten Album der Indierockband, „Libertatia“, dauerte die erste Karrierephase. Etwas unter dem Radar flog Ja, Panik auch in dieser immer.
Neues Album von Ja, Panik: Die Kernkompetenz ist zurück
Dann veröffentlichte Andreas Spechtl ein paar ausgefeilte Soloalben und sortierte sich mit ihnen entschieden im Geschmäcklerfach ein. „Die Gruppe“, das 2021 veröffentlichte Comeback-Album seiner Band, war anschließend ein introspektives Experiment. Keineswegs schwach, aber schlecht getimet und deshalb nur mäßig erfolgreich. Selbst wer die Jugend schon aufgegeben hat als Zielgruppe, sollte wenigstens die alte Kundschaft mit Kernkompetenzen abholen.
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Mit dem neuen Album „Don‘t Play With the Rich Kids“ tun Ja, Panik nun genau das. Es ist ein eingängiges, gelungenes Werk; mit Glamrock-Gitarren, Britpop-Vibes und Instant-Indiehits wie „Mama Made this Boy“, „Kung Fu Fighter“, „Hey Reina“ und „Changes“. Spechtl ist kein junger Mann mehr, er hat die Welt gesehen: „Für einen Moment war ich verloren der Welt/Ich war lost in Berlin/Lost in Vienna/Lost in Mexico City/Lost wherever I‘ve Been/In meinen Schatten ließ ich Dämonen wohnen/In meinen Schritten waren alle zuhaus nur nicht ich“. Da will einer vielleicht mal ankommen. Musikalisch klappt das auf dem neuen Album ganz gut: In „Lost“, dem Opener, setzen dann schnell griffig die Gitarren ein.
Ja, Panik: Immer noch im Team Austro-Linksrock
Neben Pabst und Spechtl, den verbliebenen Gründungsmitgliedern, sind weiterhin Sebastian Janata und Laura Landergott im Team Austro-Linksrock. Die Sache mit dem Linkssein. Da ist ein Albumtitel wie „Don‘t Play With the Rich Kids“ vielleicht gar nicht nur ironisch zu verstehen. Wie immer es um das finanzielle Auskommen der ja bedauerlicherweise klein gebliebenen Band – sie ist die unterschätzteste Band der Welt, wenn nicht Österreichs – am Ende auch bestellt sein mag, je nach Perspektive sind sie selbst Rich Kids. So rein als Repräsentanten der westlichen Überflussgesellschaft.
„Da kämpft wer 1000 Kämpfe in mir drin/Keinen einzigen kann ich gewinnen“, singt Spechtl; aber wenn nicht alles täuscht, sind die Musiker, die sich die Zuschreibung „nihilistisch“ ausweislich des Label-Waschzettels gerne gefallen lassen, insgesamt so fröhlich wie nie. Im langen „Ushuaia“ gönnen sie sich Neil-Young-Gedächtnis-Gegniedel, und das warnende „Fascism Is Invisible (Why Not You?)“ ist ein gemütlich-juveniler Schunkler.
Am 29. April spielen Ja, Panik im Uebel & Gefährlich. Sollte man nicht verpassen. „Yes We Could Be Changed“, heißt es im zentralen Stück „Changes“. Hübsche Aussage.