Die Foo Fighters haben nach dem Trauern ein neues Album und einen neuen alten Drummer. Noel Gallagher sollte Oasis reanimieren.

Man musste von Noel Gallagher kürzlich lesen, dass seine Ehe in die Brüche gegangen ist. Die britischen Revolverblätter berichteten anschließend von Party-Aktivitäten und amourösen Unternehmungen des Musikers. Sei ihm gegönnt. Und wenn es eine Midlife-Crisis ist: Wenigstens lebt er sie voll aus. Vom Klatsch zum Pop: Noel Gallaghers viertes Album mit seiner Band High Flying Birds heißt „Council Skies“ und erscheint jetzt. Es gibt ein Problem mit diesem Album.

Es ist bislang Gallaghers schlechtestes Post-Oasis-Werk. Es hilft eher nicht, wenn einschlägige Rockpostillen „Council Skies“, dessen Titel sich auf Gallaghers Herkunft aus einfachen Verhältnissen in der Arbeiterstadt Manchester bezieht, zu seinem bisher besten Soloalbum ausrufen. Es sei denn, man will halt unbedingt die Weihnachtlicher-Tanztee-im-Seniorenheim-Betulichkeit, die Noel in Stücken wie „I’m Not Giving Up Tonight“ und „Open the Door, See What You Find“ heraufbeschwört, als seinen neuen Goldstandard betrachten.

Das Album ist phasenweise so arrogant wie Manchester City

Ist wirklich alles mies? Nö. „Pretty Boy“ ist hübsch, gerade wegen Johnny Marrs Akkorden. Der Titelsong ist ein reifer Popsong, „Think of A Number“ episch und das schon länger bekannte „We’re Gonna get There In the End“ weit mehr als ein Bonus Track. Aber auch „Dead to the World“, von Noel selbst gehighlighted, ist zu prätentiös und zwei Klassen unter Klassikern wie „The Masterplan“ anzusiedeln, fröhlich gemeinter Blödsinn wie „Love Is A Rich Man“ gänzlich verzichtbar.

Mensch, Noel: Einfach „We’re On Your Way Now“ und „Flying On the Ground“ nicht vor zwei Jahren im Best-of verbraten, sondern hier drauftun. Und durch die Haçienda-Hommage waren die drei zuletzt erschienenen EPs durch die Bank besser, übrigens. Shit, die waren sogar richtig gut! Noel hatte plötzlich sogar Frauen in der Band. „Council Skies“ ist medioker und auch dekadent. Phasenweise auch so arrogant wie Manchester City. Ist jetzt echt Zeit für eine Oasis-Reunion.

„But Here We Are“ ist das erste Album nach dem Tod von Taylor Hawkins

Und weiter geht es mit Altherren-Rock. Es ist schon ein bemerkbares Muster: Seit den ersten beiden Alben „Foo Fighters“ (1995) und „The Colour And The Shape“ (1997) haben sich die Foo Fighters von Album zu Album immer weiter in Richtung „Dad Rock“, sprich gemütliche Bierbauch-Mucke entwickelt. Dass Dave Grohl der wohl liebenswürdigste Rockstar auf dem Planeten ist und die Footos live immer noch ein fantastisches Erlebnis, muss ja nicht dagegen sprechen.

Im März 2022 starb der nach „The Colour And The Shape“ eingestiegene Schlagzeuger Taylor Hawkins, und jetzt ist mit „But Here We Are“ (Roswell/RCA) das erste Album nach seinem tragischen Ende erschienen, Josh Freese soll ihn jetzt live ersetzen, auf der Platte trommelt Dave Grohl aber selber wie einst bei Nirvana, auf dem Foo-Frühwerken und zwischendurch bei Queens Of The Stone Age.

Die Foo Fighters sind die Mittelspur des Rock’n’Rolls

Zu hören ist von neuem Schwung auf „But Here We Are“ wenig, zwar durchzieht spürbare Melancholie langsame und Midtempo-Songs wie „Beyond Me“ und „The Glass“, die mit Grohls Tochter Violet gesungene, schön perlende Shoegaze-Nummer „Show Me How“ oder die 10 Minuten lange Mini-Rockoper „The Teacher“, aber trotzdem bleiben die Foo Fighters so vorhersehbar wie die von ihnen gern mal verarschten Kollegen von Nickelback, auch wenn die Foo Fighters nie wirklich so schlecht waren und sind. Sie sind die Mittelspur des Rock’n’Rolls.

Und sie bleiben eine Marke. Schon die ersten Gitarren-Anschläge vom Eröffnungssong „Rescued“ sind sofort erkennbar, „Under You“ könnte auch auf „There Is Nothing Left To Lose“ (1999) neben „Learn To Fly“ und weiteren Mainstream-Klassikern auftauchen, und „But Here We Are“ ist wie gemacht für fette Stadionkonzerte und Festival-Headliner-Shows im Sonnenuntergang. Und das können die Foo Fighters am besten, wenn man beiseite lässt, was für eine clubzerstörende, kompromisslos aufbruchbereite Band sie noch 1995 in der Großen Freiheit 36 waren. Jetzt passen sie als Hintergrundbegleitung zum Grillabend. Ist ja auch schön. Haben wir noch Gemüsespieße?