Hamburg. Fado-Star schenkt dem Hamburger Publikum pures Gefühl. Nach einem Song wischt sich Branco sogar eine Träne aus dem Gesicht.
Ihr Konzert im Großen Saal der Elbphilharmonie beginnt sie a cappella. Schon in diesen ersten Momenten, bevor die dreiköpfige Band mit einsteigt, zeigt Cristina Branco, über welch gewaltiges Organ sie verfügt. Dabei ist ihre Stimme so klar wie Quellwasser und von betörender Schönheit.
Seit 20 Jahren singt die Künstlerin Fado, diesen portugiesischen Blues, in dem es um unglückliche Liebe, Schicksalsschläge und soziale Missstände geht. Fado ist mehr als nur ein musikalischer Stil, die Sängerinnen, die sich ihm verschrieben haben, durchleben ihn bei jedem Konzert. Cristina Branco zählt zu den herausragenden zeitgenössischen Fado-Vokalistinnen, und das Publikum in der Elbphilharmonie konnte hautnah erleben, wie das klingt und wie es sich anfühlt.
Cristina Branco: Tränen-Auftritt in der Elbphilharmonie
Es sieht, wie die Lieder aus Brancos Herz und Bauch kommen, manchmal ballt Branco beide Fäuste und verdeutlicht, unter welcher Spannung sie steht. Nach einem Song wischt sie sich eine Träne aus dem Gesicht, man spürt, wie sie jeden ihrer Songs durchleidet. Mit Show hat das nichts zu tun, es ist pures Gefühl, das sich durch den Gesang Bahn bricht.
Doch nicht nur Branco durchlebt die Lieder, auch Bassist Bernardo Moreira geht genauso mit. Er scheint jede Textzeile im Kopf mitzusingen und mitzufühlen. Seine beiden Kollegen, Bernardo Cordo an der portugiesischen Gitarre und Luis Figueiredo am Klavier, sind etwas zurückhaltender, aber genauso konzentriert. Branco lobt ihre Band, mit der sie seit Jahren gemeinsam musiziert, als ihre DNA, ohne die sie nicht zu diesem künstlerischen Ausdruck kommen würde.
Cristina Branco: charismatisch und dabei völlig uneitel
Je länger das knapp 90-minütige Konzert dauert, desto enthusiastischer wird der Applaus des Publikums. Branco steigert die Intensität ihres Vortrags weiter und weiter. Es gelingt ihr, ihre Gefühlswelten auf das Auditorium zu übertragen, obwohl große Teile der Zuhörer die portugiesischen Texte nicht verstehen. Bei einigen Stücken erklärt Branco auf Englisch, worum es in den Liedern geht, und sie erklärt auch, was der traditionelle Fado für sie bedeutet.
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Doch sie hat auf den neueren ihrer insgesamt 18 Alben auch den Tango mit in ihr Repertoire aufgenommen. Beim mitreißenden „Não há só Tangos em Paris“ verlässt sie ihren Platz hinter dem Mikrofonstativ und bewegt sich tänzelnd über die Bühne. Eine weitere Facette in diesem herausragenden Konzert einer charismatischen und dabei so uneitlen Künstlerin.