Hamburg. Beide Künstler sind Weltstars und könnten für ihre Konzerte jeden Preis nehmen. Die eine tut es – der andere nicht. Doch warum?
Die Preise fürKonzertkarten werden hoch bis sehr hoch bleiben – es sei denn, man geht zu Ed Sheeran. Das sagt Folkert Koopmans, Chef von FKP Scorpio, einem der größten deutschen Konzertveranstalter, in unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“.
Der 60 Jahre alte Hamburger organisiert unter anderem Tourneen mit den Rolling Stones und Taylor Swift und diverse große Festivals, seine Firma, die zunächst gar nicht in Gang zu kommen schien, hat inzwischen mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und der Chef arbeitet schon an einem anderen Geschäft mit großen Tieren, diesmal aber im wahrsten Sinne des Wortes. Das komplette Gespräch hören Sie unter www.abendblatt.de/entscheider
Das sagt Folkert Koopmans über …
… den Namen seines Unternehmens, den er nach zehn Jahren überraschend ändern musste: „Die Firma hieß ursprünglich Scorpio Konzertproduktionen GmbH, so habe ich sie 1990 gegründet. Im Jahr 2000 haben mich dann die Scorpions verklagt, auf ihre bestehenden Markenrechte. Ich hätte diesen Prozess eventuell gewinnen können, aber wenn ich verloren hätte, hätte ich den Scorpions einen siebenstelligen Betrag zahlen müssen, nämlich eine Lizenzgebühr für die vergangenen zehn Jahren. Deshalb habe ich mich lieber mit den Anwälten der Gruppe außergerichtlich geeinigt und Folkert Koopmans Presents, abgekürzt FKP, vor Scorpio gesetzt. Die Scorpions selbst wussten von dieser ganzen Sache gar nichts, das ist allein über Anwälte gelaufen. Mittlerweile bin ich mit Rudolf Schenker bekannt, der sich schon zehnmal für den Ärger mit dem Namen bei mir entschuldigt hat.“
Konzerttickets zu teuer? Was Ed Sheeran und Taylor Swift unterscheidet
… die Kündigung bei der „Großen Freiheit“ und die vergebliche Suche nach einem Job bei einer Konzertagentur: „Ich habe vier Jahre lang für die Große Freiheit gearbeitet, und dann von einem Tag auf den anderen gekündigt, weil mir der Job keinen Spaß mehr brachte und er auch nicht besonders lukrativ war. Ich fühlte mich dort einfach nicht mehr wohl. Das war im März 1990, und ich habe mich damals bei verschiedenen Konzertagenturen beworben, bin aber nirgendwo genommen worden. Keiner wollte mich, vielleicht auch, weil ich klare Vorstellungen davon hatte, was ich erreichen wollte. Deshalb habe ich mich selbständig gemacht und erst mal vor allem Reggae-Künstler auf Tournee geschickt. Was jetzt nicht daran lag, dass ich so ein großer Reggae-Fan war, sondern eher daran, dass das ein Bereich war, um den sich nicht so viele andere gekümmert haben.“
… seinen schwierigen Start als Unternehmer und die entscheidende Idee: „Die ersten Jahre waren nicht lustig, in denen habe ich von der Hand in den Mund gelebt. Ich wusste, dass ich etwas Besonderes machen muss, um den Durchbruch zu schaffen. Und das war die Idee, Festivals zu veranstalten, die es in den 90er-Jahren in Norddeutschland nicht gab. Ich habe daran geglaubt, dass man in Scheeßel wieder etwas aufbauen kann, und 1997 dann zum ersten Mal das Hurricane Festival ausgerichtet. Bei der Premiere habe ich zwar Blut und Wasser geschwitzt, aber zum Glück kein Geld verloren. Ich habe 20.000 Tickets verkauft, das war für mich ein eindeutiges Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“
… Auflagen für Festivals und lukrative Tourneen: „Festivals waren von 1997 bis 2015 sehr lukrativ. Ich konnte dadurch neue Künstlerinnen und Künstler kennenlernen und ihnen eine große Bühne bieten, das beste Beispiel ist Ed Sheeran, der auch mal nachmittags auf dem Hurricane Festival gespielt hat. Über diesen Weg ist der Kontakt zu ihm und zu vielen anderen großen Stars entstanden, die uns dann beauftragt haben, ihre Tourneen zu organisieren. Heute ist das Tourneegeschäft wirtschaftlich deutlich attraktiver als die Organisation von Festivals, was auch mit den behördlichen Auflagen zu tun hat. Die Genehmigung des ersten Hurricane Festivals passte auf sieben DIN-A4-Seiten, heute sind es drei Aktenordner.“
Konzerttickets: Ed Sheeran hat in Gelsenkirchen Karten zum Schnäppchenpreis verkauft
… die hohen Preise für Konzerte und Künstler wie Ed Sheeran, die das nicht mitmachen: „An den hohen Preisen wird sich wahrscheinlich nicht wieder etwas ändern, und ich bin froh, dass es Künstler wie Ed Sheeran gibt, die sagen: Bei meinen Konzerten kostet die teuerste Karte 85 Euro, es gibt keine VIP-Tickets oder Ähnliches. Ich glaube, dass ist auch ein Grund für den riesigen Erfolg von Ed Sheeran, der bei der letzten Tour zum Beispiel dreimal in München im ausverkauften Olympiastadion gespielt hat. Langfristig zahlt sich die Deckelung der Kartenpreise aus, weil sich dadurch die Fanbasis einer Künstlerin oder eines Künstlers verbreitert. Und wir müssen uns nicht vormachen: Für viele Menschen sind auch 85 Euro zu teuer, weswegen wir bei einem Konzert von Ed Sheeran in Gelsenkirchen, das nicht ganz ausverkauft war, 10.000 Karten für 25 Euro angeboten haben.“
… den Verkauf von Firmenanteilen an Eventim: „Ich hatte von 1987 bis 1997 nicht besonders gute finanzielle Jahre, das war immer sehr knapp. Wenn man über lange Zeit kein oder kaum Geld hat und dann nach dem guten Start der Festivals die Chance hat, einen Teil der Firma zu verkaufen, dann macht man das. Durch den Verkauf von 50,2 Prozent meiner Anteile an Eventim habe ich für mich und meine Familie Sicherheit geschaffen.“
…die Zukunft der kleinen Clubs: „In Veranstaltungsorten, in denen weniger als 1000 Menschen Platz haben, verdienen wir kein Geld. Wir machen dort zwar trotzdem Konzerte, aber nur, um neue, junge Künstlerinnen und Künstler aufzubauen. Auch Ed Sheeran hat ja so angefangen. Kleinere Clubs, die für 200 bis 500 Leute Platz haben, sind nach meiner Meinung nur noch unter Selbstausbeutung zu betreiben.“
Konzerte reichen nicht: Folkert Koopmans züchtet Rinder
… seine zweite Unternehmung, die Zucht von Rindern: „Ich komme vom Hof, mein Vater war Landwirt, und ich habe früh entschieden, dass ich diesen Beruf eigentlich nicht machen will. 2017 habe ich dann die Möglichkeit gehabt, Land neben meinem Haus zu erwerben, und mir eine Handvoll Kühe gekauft. Das hat als Hobby begonnen, inzwischen ist die Herde zwischen 500 und 600 Tieren groß, was auch damit zu tun hat, dass ich während der Pandemie auf einmal mehr Zeit für die Zucht hatte, weil es keine Konzerte gab. Ich habe damals zwei andere Züchter kennengelernt, mit denen ich mich zusammengetan und einen relativ großen Hof auf Krautsand gekauft habe und wir nun 350 Hektar bewirtschaften. Insofern bin ich jetzt doch Landwirt.“
Entscheider treffen Haider
- Philipp Schröder: „Endspiel gegen den Klimawandel“
- Johannes Mewes: „Hilfe für Millionen Mieter“
- Tobi Schlegl: „Niemand sagt dir, wie hart das ist“
… Wochenenden mit großen Tieren: „Wir züchten in der Hauptsache Angus- und Wagyu-Rinder und haben in Hittfeld eine Fleischerei aufgemacht, in der wir unser eigenes Fleisch verkaufen. Noch verdienen wir damit wegen der hohen Investitionen kein Geld, aber das ist natürlich das Ziel. Wobei ich gelernt habe, dass man nicht ein Geschäft entwickeln sollte, sondern eine Leidenschaft – und dass sich aus dieser Leidenschaft dann ein Geschäft ergeben kann. Ich selbst bin inzwischen jedes Wochenende auf dem Hof, das macht mich sehr glücklich. Das ist für mich absolute Entspannung. Ich brauche die Tiere und die Ruhe, ich habe während meiner Zeit als Konzertveranstalter nur ein Jahr in Hamburg gelebt, ansonsten auf dem Land.“