Hamburg. Kunst im öffentlichen Raum: Thomas Strickers „Meteoritenwerkstatt“ im Alsterpark wird für sechs Monate zur Sanierung überdacht.
Linkes Alsterufer, teuerste Wohnlage – da liegt sie, unübersehbar: Thomas Strickers „Meteoritenwerkstatt“. Etwas zu groß für einen Briefbeschwerer im Privatgebrauch, aber auch viel zu speziell, um ihn einfach so den Launen der Natur und der nicht immer freundlichen Behandlung durch Besucher des Alsterparks am Harvestehuder Weg zu überlassen.
Seit dem Sommer 2000 ruht dieses Kunstwerk des Düsseldorfers nun dort auf dem Rasen, unter freiem Himmel. Ein Meteorit, aber nichts echt Außerirdisches. 4200 Kilogramm Beton, 2,5 Meter hoch, damals per Hand mit 5400 Bögen Blattpalladium überzogen, um ihn so silbrig schimmern zu lassen, als hätte ihn E.T. beim Warten auf die Heimreise geduldig auf Mattglanz poliert.
Alster Hamburg: „Liebling, sie haben den Meteoriten im Alsterpark überdacht“
Aus, vorbei, jedenfalls für die nächsten sechs Monate. Der frei erfundene Himmelskörper wurde nun zur Rundumkur „eingehaust“, überdacht, wenn auch mit viel Luft zu allen Seiten. Die beiden weltbekannten Verpackungskünstler Christo und seine Frau Jeanne-Claude leben nicht mehr, sie hätten garantiert ihre Freude am Beginn dieser Rettungsaktion im nassfeuchten Dezemberwetter gehabt.
Das letzte Frühjahr haben dem Kunstmeteoriten arg zugesetzt, teilte die Kulturbehörde mit: Vom Palladium ist fast nichts mehr vorhanden, der Beton an vielen Stellen gerissen, haarfein bis mehrere Millimeter tief, großformatige Abplatzungen, Frostschäden womöglich. Wasser sickert zwar hinein, findet aber wegen der Isolierung nicht wieder heraus. Dazu kommen auch noch „Spuren von Vandalismus“: Zerkratzungen, Abschürfungen durch die zweischichtige Kunstharzhaut bis auf den Beton unter diesem Mantel.
Open-Air-Kunstwerk: Liebling, sie haben den Meteoriten an der Alster überdacht
„Über die Jahrzehnte sind viele Kunstwerke entstanden, die uns ans Herz gewachsen sind oder auch bis heute als notwendige Denkanstöße im Alltag irritieren“, kommentiert Kultursenator Carsten Brosda dieses Vorhaben. „Wir brauchen diese Orte, die uns anders und neu auf die Welt blicken lassen, und wollen sie auch mit Sanierungen wie jetzt bei der „Meteoritenwerkstatt“ für die Nachwelt erhalten.“
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Die Sanierungsmaßnahmen, auf knapp 20.000 Euro veranschlagt und mit zwei Experten und dem Künstler vorab geplant, erfolgen in mehreren Abschnitten. Vor allem muss der Beton nun möglichst gut austrocknen, etwa ein halbes Jahr, daher bekam er nun ein Dach über dem Kopf auf Zeit: eine 4-mal-4-Meter-Überdachung mit Standardbaumaterial, drei Meter hoch, das Dach aus Trapezzinkblech, zur Wetterseite geneigt.
Ziel ist die „Wiederherstellung der bildhauerischen Gesamtwirkung“. Dafür muss der Beton wasserdicht gemacht werden. Anders knifflig ist die Palladiumschicht. Von Stricker sei die natürliche Patina ausführlich gewünscht und akzeptiert, ihm sei es am liebsten, wenn man den Jetztzustand konservieren könnte und nicht vor allem den Neuzustand wiederherstellen wollte. Doch momentan hat die „Stabilisierung“ Vorrang, heißt es.
Vier „Kernbohrungen“ in Bodennähe sind geplant
Unter diesem Dach sollen dafür in Bodennähe vier Kernbohrungen stattfinden sowie eine auf dem höchsten Punkt des Meteoriten, zur zügigeren Durchtrocknung. Sollten die Werte im Juni noch nicht so sein wie erhofft, schlug Stricker vor, mit elektrischen Lüftern in die Bohrlöcher nachzutrocknen. Der Strom dafür müsste dann von einer eigenen kleinen Solaranlage kommen, weil ein Stromanschluss nur für die Kunstwerktherapie zu teuer käme.
Nächste Schritte seien dann das Kitten der Risse mit Epoxidharz und die Restaurierung der Oberfläche, an deren Ende ein Remake der Oberfläche durch Stempeln mit Silikonabdrücken möglich sei. „Die Beurteilung dieser Option läge im Ermessen des Künstlers“, erklärte die Kulturbehörde salomonisch. Erhofftes Mindesthaltbarkeitsdatum für diese Sanierung, die idealerweise im nächsten Herbst ihr Happy End findet: 2044.
Und damit sich zukünftig niemand mehr fragt, wie und aus welcher Ecke des Alls dieser Meteorit so ganz ohne Krater ausgerechnet neben der Außenalster gelandet sei, soll in der Nähe der benachbarten Sitzbänke auf zwei Seiten der Grünfläche jeweils ein Schild mit Verweis auf die Homepage des Nichthimmelskörpers und einem QR-Code angebracht werden.
Informationen zum Projekt: www.meteoritenwerkstatt.de