Hamburg. Hartmut Uhlemann inszeniert das Märchen der Brüder Grimm am Ernst Deutsch Theater als kurioses musikalisches Familienstück.
Seit mehr als 200 Jahren tapst „Der gestiefelte Kater“ nun schon durch die Welt. Seitdem gab es zig Versionen für Klein und Groß, ob nun auf der Bühne oder im Film, als Kinderoper oder Komische Oper. Das Ernst Deutsch Theater hat in der Vorweihnachtszeit nun mit dem Kinder- und Hausmärchen ein neues Kapitel aufgeschlagen. Durchaus sinnbildlich.
In der Stückfassung von Regisseur Hartmut Uhlemann ist das Hauptrequisit ein von Bühnenbildnerin Stephanie Kniesbeck kunstvoll gestaltetes überdimensionales altes Märchenbuch (sogar mit für die ersten Reihen lesbarem Einführungstext!). In dem blättern die sechs Schauspieler nicht einfach so herum, sie holen aus ihm (und dem Stück mit einigen Liedern) zur Freude des Publikums von vier bis 84 Jahren auch Überraschendes heraus – ein paar schicke Schuhe etwa, als wäre das Buch eine Art Trickkiste.
Theater Hamburg: „Der gestiefelte Kater“ – mit Knall- und Lichteffekten
Die Schuhe zieht sich natürlich der Kater Moritz an, von Yasemin Cec im flauschigen Kostüm mit viel Wärme und Körperbeherrschung gespielt. Dabei wollte ihn anfangs der Müllersbursche Max (Niklas Kappler) als Erbstück seines Papas gar nicht. Haben seine größeren beiden Brüder doch die tolle große Mühle und einen starken Esel bekommen. Doch spätestens nachdem der sprechende Kater mit einem verdutzten Schuhhändler (Jan-Hendrik Wagner) erfolgreich um ein Paar feine Stiefel gefeilscht hat, weiß der junge Max, dass sein Kater nicht faul, sondern ganz schön schlau ist.
Und „schlau“ und „im Wald“, das rufen auch die Kinder in Richtung Bühne, wenn sie gefragt werden, welche Eigenschaft den Kater ausmacht und wo der Schuhhändler wohl steckt. Als barfüßige Erntehelferin ist Ines Nieri hier für den interaktiven Part zuständig. Wenn sie, bereits 2021 als beste Darstellerin mit dem Theaterpreis Hamburg ausgezeichnet, über fehlendes Schuhwerk klagt, ist das Jammern auf hohem Niveau.
Theater Hamburg: „Der gestiefelte Kater“ – Transparenz beim Bühnenbild
Komödiantisch hohes Niveau für Groß und Klein in dieser feinen Kostümschlacht bietet Lennart Matthiesen als richtig schön überdrehter „König der Könige“. Egal ob ihm mit umgeschnalltem Pferdegeschirr mal die Gäule durchgehen („Dem König beliebt es, ein wenig zu galoppieren“) oder ob er mit seiner Tochter, Prinzessin Lucia (Helena Sattler), und Max später in der Kutsche vorfährt – als Gag dummerweise mit den Kulissenteilen zur Bühnenrückseite. Letzteres nennt man wohl Transparenz.
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Die stellen Regisseur Uhlemann und sein Ensemble auch mit einigen ausgewählten Liedern her. Dazu kommen mehrere Knall- und Lichteffekte, als Max und Moritz im Schloss dem Zauberer von Carrabas begegnen. Und obwohl Uhlemann in eineinhalb Stunden mit für Kleinkinder kaum nachvollziehbaren Anspielungen auf die Generation Z und einem Sprachgewirr auf Spanisch etwas abdriftet, steht dieser „Gestiefelte Kater“ am Ende für Freundschaft und Glück. Für den Musikalischen Leiter und Komponisten Gerd Bellmann übrigens sein letztes Stück am Ernst Deutsch Theater.
„Der gestiefelte Kater“ ab 4 J., wieder Sa 25.11., 11.00, 13.30 und 16.00, So 26.11., 16.00, bis 23.12., Ernst Deutsch Theater (U Mundsburg), Friedrich-Schütter-Platz 1, Karten zu 12,- (erm. 9,-) bis 20,-; T. 040/22 70 14 20; www.ernst-deutsch-theater.de