Hamburg. Einmal im Jahr lädt Margarita Holle Talente aus ganz Deutschland zu einer großen Schau – für viele der erste Schritt zur Karriere.

„Am liebsten würde ich zusammen mit den Kunstwerken übernachten, wenn sie angekommen sind“, erzählt Margarita Holle mit Begeisterung in der Stimme – drei Tage bevor ihr 13. Salon der Gegenwart in den Großen Bleichen 1–3 eröffnet. Dort, wo einst eine Commerzbank-Filiale saß und nun eine große Freifläche entstanden ist, lädt die Hamburger Mäzenin an diesem Wochenende zur Kunstschau mit 35 Positionen. Tatsächlich liegen die meisten Bilder da noch am grauen Waschbetonboden, arrangiert zu farblichen oder thematischen Ensembles von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern.

So unterschiedlich sie in ihrer Stilistik sind, die Bandbreite reicht von klassischer Ölmalerei über Stickerei auf Stoff und Glasmalerei bis zur modernen Installation, allen gemein ist das, was den Salon auszeichnet: „Wir zeigen jede und jeden nur ein einziges Mal“, so die Initiatorin. Der Großteil der Ausgestellten kommt frisch von einer Kunsthochschule, nur die wenigsten haben bereits eine Galerie, die sie vertritt. Eine ideale Gelegenheit also, um junge Kunst zu gucken und zu recht erschwinglichen Preisen zu kaufen. „Mein Anspruch ist, dass jede Künstlerin und jeder Künstler mindestens eine Arbeit verkauft.“

Ausstellung Hamburg: Junge Kunst gucken und kaufen im Salon der Gegenwart

Bei der aus Hamburg stammenden Künstlerin Tammy Langhinrichs, Jahrgang 1995, hat das schon mal gut funktioniert: Schon vor Ausstellungseröffnung wurde ihre Arbeit „o.T.“, eine Maus aus Birnenholz vor bedruckten Papierservietten, für eine Interessentin reserviert. Tammy Langhinrichs hat nach ihrem Abschluss an der Hochschule für bildende Künste Hamburg ihren ganz eigenen Weg eingeschlagen und ist bei der weltweit agierenden Galerie Thaddaeus Ropac in Salzburg als Sales Assistant eingestiegen, verfolgt aber weiterhin ihre künstlerische Laufbahn.

Im Salon der Gegenwart sind auch die Ölgemälde von Lukas Meir aus der Reihe „sunburn“ zu sehen.
Im Salon der Gegenwart sind auch die Ölgemälde von Lukas Meir aus der Reihe „sunburn“ zu sehen. © Funke Foto Services | Thorsten Ahlf

Wie schwierig die ersten Schritte für junge Talente aber sein können, weiß Margarita Holle. Bislang hat sie in ihren Salons um die 400 Künstlerinnen und Künstler präsentiert, „aber zusammen mit meinem Mann Christian habe ich wohl Tausende in ihren Ateliers oder bei Hochschul-Ausstellungen besucht“, so Margarita Holle. Was ihrer Meinung nach elementar fehlt, ist eine Berufsvorbereitung, die schon in den Akademien einsetzt: „Die Anforderungen, die heute an Künstlerinnen und Künstler gestellt werden, sind enorm. Es reicht ja nicht, kreativ zu sein und gute Kunst zu machen. Man muss sich geschickt vermarkten können, Kontakte knüpfen, sich um Stipendien bewerben, in den sozialen Medien aktiv sein. Das überfordert viele.“ Mit ihrem Salon will sie den Kreativen die Möglichkeit geben, sich professionell mit anderen Talenten, aber auch bereits auf dem Markt etablierten Künstlern zu zeigen.

Inspiration durch Musik oder Sonnenbrände an der französischen Côte d‘Azur

So kommt es, dass die Berliner Künstlerin und HfbK-Professorin Jorinde Voigt mit ihren beeindruckenden Scherenschnitt-Dioramen im oberen Stockwerk ausstellt und ihr einstiger Schüler, Kyle Egret, unten im Entree seine Bilder zeigt. Der 31 Jahre alte Künstler aus Stade hat zuerst Gitarre studiert und anschließend die Kunsthochschule drangehängt. Klar, dass seine Kunst von Musik inspiriert ist, aber auch die Auseinandersetzung mit Materialien sind Kyle Egret sehr wichtig. „Dynamic Fluctuations of a Symphony Orchestra“ heißt eine seiner Schwarz-Weiß-Arbeiten, die mit Zeichentusche auf Papier aufgebracht werden. Das Papier wiederum hat der Künstler mit Schirting auf einen Keilrahmen gespannt. Durch diese Materialverbindung, die er sich bei einer Buchbinderin abgeguckt hat, wird die Oberfläche strapazierfähiger und lässt sich leichter spannen.

Lukas Meir lässt sich dagegen vom Licht des Südens anregen. Der Künstler, 1992 in Stuttgart geboren, lebt und arbeitet seit einiger Zeit in Nizza, dorthin ist er durch sein Studium gelangt. „Und ich habe das Gefühl, dass Südfrankreich gerade ein guter Platz für mich ist. Ich habe dort nette, interessante Menschen kennengelernt, und die Galerieszene ist überschaubar, wobei hauptsächlich regional geprägte Kunst verkauft wird. Zeitgenössische Kunst, die auch darüber hinaus wahrgenommen wird, ist kaum vertreten.“ Es scheint also, dass er eine Nische für sich entdeckt hat. Lukas Meir ist im Salon mit der in Öl gemalten „sunburn“-Serie zu sehen, deren Motive er an den Stränden der Côte d‘Azur eingefangen hat: sonnenverbrannte Körper von jüngeren und älteren Frauen und Männern. Was zunächst abschreckt, offenbart auf den zweiten Blick eine Ästhetik, die an Renaissancegemälde erinnert – und so auf eine ganz eigene Art gefangen nimmt.

Mehr zum Thema

Zur Ausstellung gehört traditionell eine hochwertige Publikation, die alle Beteiligten mit einem Werk präsentiert, sowie ein gemeinsames Abendessen von Veranstaltern, Künstlerinnen und Künstlern. „Dabei erfährt man noch so viel mehr von den Kreativen über ihren Zugang zur Kunst und ihre Visionen“, schwärmt Christian Holle. Um auch einem größeren Publikum diese Möglichkeit zu geben, veranstaltet das kunstbegeisterte Paar die Reihe „Artist Talk“ zusammen mit dem Montblanc Haus. Im futuristisch gestalteten Firmensitz in Lurup wird aktuell die Ausstellung „Inspire Writing“ über die Entwicklung der Unternehmensgeschichte gezeigt. Dort werden am 7. Dezember die Künstler Helen Feifel und Timo Nasseri zu Gast sein. Im Januar ist ein Gespräch mit Matthias Bitzer und Gregor Hildebrandt, im Februar mit Jorinde Voigt geplant.

Salon der Gegenwart17.–19.11., Fr ab 15.00, Sa/So 11.00–17.00, Große Bleichen 1–3 (U/S Jungfernstieg), Eintritt frei, salondergegenwart.de