Hamburg. Beim Konzert in der Laeiszhalle legt das Hamburger Kammerorchester straffe Tempi vor. Ein Hornist ragt heraus.
Die Hamburger Camerata verlangte von ihrem Publikum schon ein wenig Abstraktionsvermögen, um das gewählte Motto „Hey Haydn, what about nature?“ für ihr Konzert am Dienstag in der Laeiszhalle zu verstehen. Die Frage richtete sich ja nicht allein an den großen Klassiker, sondern auch an den Zeitgenossen Wolfgang Rihm und den britischen Komponisten Benjamin Britten, die mit mehr oder weniger auf dieses Thema bezogenen Werken im Programm vertreten waren und ihr Verhältnis zur Natur durchaus weiter und komplexer fassten als Joseph Haydn in zwei seiner frühen Sinfonien.
Sowohl in seiner Sinfonie D-Dur Hob. I:6 „Le matin“ als auch in der Sinfonie G-Dur Hob. I:8 „Le soir“ seines Tageszeiten-Zyklus sparte der Hofkapellmeister des Fürsten Esterházy nicht mit tirilierenden Flötensoli zur Darstellung morgendlichen Vogelgezwitschers und grollendem Donner in den Streichern oder prasselnden Regentropfen in den Holzbläsern am Ende seiner Hommage an einen schwülen Sommerabend.
Hamburger Camerata in der Laeiszhalle: Ein Hornist ragt heraus
Unter der Leitung von Simon Gaudenz legte die Camerata straffe Tempi in den schnellen Sätzen vor. Die von großen Intervallsprüngen und Verzierungen völlig aus dem Häuschen geratenen Flötensoli waren dabei ebenso eindrucksvoll wie die vielen konzertierenden Passagen des Konzertmeisters und selbst des Kontrabassisten, der im Trio der G-Dur-Sinfonie einiges zu tun bekam und nur mit etwas wackliger Intonation zu kämpfen hatte.
Die anspruchsvollsten Instrumentalsoli des Abends durfte aber der Hornist Simon Eß zusammen als Begleiter des britischen Tenors Edward Leach in den sechs Liedern der Serenade für Tenor, Horn und Streicher op. 31 von Benjamin Britten liefern. In Texten englischer Dichter der Renaissance und der Romantik wurde das Waldhorn zum tonmalerisch illustrierenden, aber auch kommentierenden Begleiter der von Leach so ausdrucksstark deklamierten und sogar mit Koloraturen verzierten Texte.
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Harte Pizzikati und energisch gestrichene Akkorde, die ihre Beharrlichkeit nicht aufgaben, obwohl sie immer wieder von Bewegungsimpulsen aufgesogen und verdichtet wurden, sorgten dagegen in Rihms Streicherstück „Nature Morte – Still Alive“ für ein Naturbild voller Unruhe und Nervosität.