Hamburg. Bestsellerautor Marc Elsberg las auf Kampnagel aus seinem Klima-Thriller „°C – Celsius“ – und richtet an Aktivisten einen Wunsch.

Warm strahlende Lichterketten erhellen die bunten Stofffahnen des Kampnagel-Außengeländes. In Grün, Gelb und Rot flattern sie unschuldig durch den Wind. Unschuldig? Mitnichten, denn hier liegt etwas Kriminelles in der Luft: Bis zum 11. November wird auf Kampnagel das 16. Hamburger Krimifestival gefeiert. Am Dienstagabend eröffnet Bestsellerautor Marc Elsberg mit einer Lesung aus seinem neuen Thriller „°C – Celsius“ das Festival in Winterhude. So gut wie jeder Platz ist besetzt: 600 Menschen sind gekommen, um bei der Eröffnung dabei zu sein.

Letzte Generation: Was ein Bestsellerautor beim Krimifestival Hamburg rät

Festivalprogrammleiter Volker Albers fasst das Kommende prägnant zusammen: „Was erwartet Sie die nächsten fünf Tage? Nur Gutes – na ja, eigentlich nur Böses.“ Und Amelie Deuflhard, künstlerische Leiterin von Kampnagel sagt mit einem Augenzwinkern: „Kampnagel hat von jeher Interesse am Kriminellen. Think like a criminal, act like an artist.“ Denk wie ein Krimineller, handle wie eine Künstlerin, dieses Motto gibt Deuflhard dem Publikum mit auf den Weg.

Anschließend ist es Zeit für Musik. Stefan Gwildis sorgt zusammen mit Pianist Tobias Neumann und Cellist Hagen Kuhr ordentlich für Stimmung. Dabei braucht Gwildis gar keine Instrumente, er imitiert Auto-Tune-Klänge mit seiner Stimme und beatboxt, was das Zeug hält. Der Mann hat es echt drauf. Mit seiner rauchig-kratzigen Stimme singt er einen veränderten Text zur Melodie von „Ain‘t No Sunshine“ von Bill Withers. Auch die Performance seines Songs „Bunt!“, eine Ode an menschliche Diversität in jeglicher Hinsicht, animiert zum Mitklatschen und Mitsingen.

Der Thriller „Blackout“ machte Marc Elsberg zum Star

Dann kommt der Stargast des Abends: Marc Elsberg. Weltweit bekannt geworden ist der 56-Jährige durch seinen 2012 erschienen Technik-Thriller „Blackout - Morgen ist es zu spät“. Allein im deutschsprachigen Raum wurde das Buch mehr als zwei Millionen Mal verkauft, zudem ist es in 15 Sprachen übersetzt und auch verfilmt worden.

„Ich habe nie gedacht, dass ich Autor werde“, gesteht Elsberg anschließend Moderator Matthias Iken, hauptberuflich Stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts. Eigentlich sei er ein gescheiterter Maler. Doch heute ist er vor allem: ein ausgesprochen erfolgreicher Autor. In seinem Climate Fiction Thriller „°C Celsius“ geht es auf mehr als 600 Seiten um die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise und um die dadurch beeinflusste, politische Weltordnung. Gründlich recherchierte Daten und Fakten treffen auf Fiktion. Verwoben durch viele kleinere Geschichten und insgesamt 26 Charaktere, die sich auf verschiedenen Kontinenten befinden, steht der grundlegende Plot im Vordergrund: China will die Macht über das Weltklima an sich reißen.

Drei Abschnitte aus seinem neuen Buch liest Elsberg – und das ziemlich mitreißend

„Die beschriebene Klimaereignisse sind nicht nur apokalyptisch, sondern stehen uns schon bevor – oder sind schon tatsächlich passiert“, sagt Elsberg. Als 67er-Jahrgang sei er von Anfang an sozialisiert mit Klimathemen wie dem Waldsterben und der Entstehung von Ozonlöchern. „Wir gestalten das Klima ja seit 100 oder 150 Jahren aktiv mit, doch erst zu spät haben wir die Mechanismen begriffen“, sagt er. Lange Zeit habe er nicht gewusst, wie er das Thema Klima in einem Thriller verpacken könne, da die Realität ja oft schon schaurig genug sei. Insgesamt drei Szenen aus dem Buch liest Elsberg als Kostprobe. Und das ziemlich mitreißend.

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Literatur könne in Sachen Klimakrise durchaus zur Bewusstseinsschärfung beitragen, so Elsberg, doch dies sei nicht explizit sein Anspruch: „Ich musste aufpassen, dass sich das Buch nicht als emporgehobener Zeigefinger liest.“ Apropos Zeigefinger: Natürlich muss die Frage kommen, was Elsberg denn von der Letzten Generation hält. „Es gibt klügere Kommunikationswege“, erklärt er gelassen. Die Letzte Generation sei im Vergleich zu anderen Klimaradikalen von früher ja harmlos – er würde sich jedoch wünschen, dass sie schlauere Wege finde, die wichtige Botschaft zur Klimakrise in die Gesellschaft zu bringen.

Einen solch „schlaueren Weg“ habe etwa die Bundeszentrale für politische Bildung gefunden: Ihr CO2-Rechner sei ein „diabolisch genialer Schachzug“, denn dadurch würden Menschen auf ihre individuellen Klimasünden aufmerksam gemacht und könnten bei sich selbst anfangen.

Ein nicht nur spannender, sondern auch nachdenklich machender Abend.

Hamburger Krimifestival bis 11.11., Kampnagel, Karten unter krimifestival-hamburg.de