Hamburg. Die Aufführung von Arthur Honeggers berührendem Oratorium durch den CPE Bach Chor war auch ein wichtiges politisches Zeichen.

Der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor hatte bei den Planungen zu seiner Saisoneröffnung 2023/24, die drei große Veranstaltungen dem biblischen Stoff „Saul und David“ widmete, nicht ahnen können, in welch tagespolitischen Bezug der Gründungsmythos Israels seit dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober plötzlich rücken würde. Zum Abschluss des Zyklus mit Arthur Honeggers berührendem Oratorium „König David“ am Sonntag im Thalia Theater sagte dessen Intendant Joachim Lux, dass die künstlerische Kooperation zwischen seinem Haus und dem Chor in diesen Tagen zu einem sehr wichtigen Zeichen geworden sei. „Wir freuen uns, wenn viele Hamburger Bürgerinnen und Bürger kommen und so selbst ein Zeichen setzen. Das ist genau das, was wir in diesen schrecklichen Tagen alle brauchen: Zusammensein im Sinne der Kunst und im Gedenken an die Opfer.“

„König David“: Tragische Aktualität am Thalia Theater

Honeggers 1923 uraufgeführtes Bühnenstück für ein Drama von René Morax ist eine Mischung aus Melodram und Oratorium, bei dem Tilo Werner als Erzähler der Lebensgeschichte König Davids in deutscher Übersetzung von Hans Reinhart die eigentliche Hauptrolle spielte. Er begann mit einem Prolog, in dem er darauf verwies, dass keine Geschichte mit ihrem Anfang beginne und dass niemand damit geholfen sei, wenn jeder alles bezweifeln und sich selbst auf die Suche nach der Wahrheit machen würde.

Der schweizerisch-französische Komponist Honegger, von dem auch die so gewaltige Mouvement Symphony „Pacific 231“ für großes Orchester stammt, arbeitet in „König David“ ganz bewusst mit einem kleinen Kammerorchester und einer sehr intimen Tonsprache, die selbst Davids Kampf mit dem Riesen Goliath mehr andeutet als dramatisch illustriert. Selbst die vom Chor oder den drei Gesangssolisten Laura-Verena Incko (Sopran), Maria Hegele (Alt) und Steven van der Linden (Tenor) gesungenen Psalmtexte Davids werden musikalisch vielfach gebrochen.

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Überhaupt sind die Abläufe des knapp anderthalbstündigen Werkes unglaublich gestrafft. Nur wenige Minuten beansprucht das vom Fagottisten und Flötisten des Concerto agile begleitete Hirtenlied Davids in der schlichten, zurückhaltenden Deklamation der Altistin Maria Hegele. Auch das Jubeln des israelischen Volkes oder der Aufmarsch des Heeres finden nur sehr zaghaft und oft zeitverzögert in den Blechbläsern des Ensembles einen Widerhall.

Zauberhafte Wirkung erzielten unter der großartigen Leitung von Hansjörg Albrecht der dissonante Cluster bei der Anrufung Jehovas am Ende des zweiten Teils und der unmittelbare, von wenigen Glockenspielklängen eingeleitete Engelsgesang der Sopranistin.