Hamburg. Bei dieser Fassung der Strauss-Oper blieb kaum eine Note auf der anderen, da musste manch ein Strauss-Fan schlucken.

Es gehört schon viel Fantasie dazu, aus der Herz- und Schmerzoper „Rosenkavalier“ von Richard Strauss ein Umweltdrama zu machen, bei dem die junge Sophie und die Marschallin-Geliebte Octavia als Umweltaktivistinnen gegen die ältere Generation antreten. Wie immer provokativ und experimentell hat dies das Opernloft bei seiner stark gekürzten Kammerfassung dieses Mammutwerkes getan. Am Freitag war die Premiere.

Die seit 2019 als musikalische Leiterin im Opernloft tätige Amy Brinkman-Davis hatte das Stück geschickt gekürzt und ihm einen völlig neuen Plot gegeben. Und weil das mit den von Strauss so genial vertonten Texten von Hugo von Hofmannsthal nie und nimmer funktioniert hätte, bearbeitete sie auch noch das Libretto, wobei sie erklärtermaßen ChatGPT zu Hilfe nahm.

ChatGPT dichtet Oper um: Dieser „Rosenkavalier“ in Hamburg ließ Fans schlucken

Das führte allerdings dazu, dass die eingeblendeten neuen Texte zum Teil ganz andere waren als die gesungenen. Und zwar deshalb, weil man neue Texte wie „Du musst jetzt echt chillen …“ nie und nimmer gegen die gesungenen Texte hätte austauschen können.

Aber bei dieser Fassung blieb sowieso kaum eine Note auf der anderen. Anstelle des riesigen Strauss-Orchesters mit seinen schillernden Klangfarben und tonmalerischen Elementen begleitete nur ein Quartett bestehend aus Klavier, Horn, Cello und Violine. Das war im Arrangement schon gewagt, weil diese Strauss-Partitur so empfindliche Stellen hat, dass jede Intonationstrübung und jeder Ansatzfehler sofort hörbar waren.

„Rosenkavalier“ mit ChatGPT und Bühnenbild mit Plastikmüll gestaltet

Brinkman-Davis, die auch selbst Regie führte, hatte mit Claudia Weinharts gelungener Ausstattung ein Bühnenbild geschaffen, das aus Plastikmüll am Boden und einer Vielzahl herabhängender Vertikaltücher bestand. Diese Tücher, hinter denen sich die vier Hauptpersonen versteckten und spielten oder deren Enden miteinander verknüpften, standen sinnbildlich für die Empfindungen des Einzelnen und das immer wieder sich verändernde Beziehungsgeflecht.

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Octavia, wunderbar gesungen von Nora Kazemieh, liebt die Marschallin, der Lisa Ziehm in ihrer Erkenntnis, dem Alter nicht mehr entfliehen zu können, viel Wärme und Innerlichkeit verlieh. Doch als der feiste, polternde Ochs, der in dieser Fassung Jean-Marschall heißt und von Bruno Vargas mit sattem Bass so recht abstoßend dargestellt wurde, seine Geschäfte auf Kosten der Umwelt machen will, begegnet Octavia der hübschen Sophie und beide outen sich als Klimaaktivistinnen. Statt sich zu lieben schmieden sie ein Bündnis, das am Ende in dem Schwur „Gemeinsam für eine grüne Zukunft“ gipfelt.

Da musste so mancher Strauss-Fan, der die berührenden Schlusstakte dieser Oper kennt, vielleicht ein wenig schlucken, aber der Plot funktionierte durchaus. Die koreanische Sopranistin Suhyun Kim allerdings hatte hörbar Probleme mit den Spitzentönen der anspruchsvollen Sophie-Partie, die sie, wenn sie erst mal erreicht waren, viel zu laut werden ließ.