Hamburg. Die 80er-Jahre-Stars euphorisieren bei ihrem Konzert, das bisweilen wie eine Zeitreise war und ein seliges Publikum zurückließ.

Bei „Come On Eileen“ ist alles auf den Beinen, denn beim Gassenhauer der Dexys Midnight Runners hält es niemanden mehr auf den Stühlen im großen Kampnagel-Saal k6. Der Song war vor mehr als 40 Jahren ein Garant für ausgelassene Partystimmung, und er ist es auch heute noch.

Der überwiegende Teil der Zuhörer beim Konzert von Dexys, wie Kevin Rowlands Band jetzt verkürzt heißt, gehört zur Generation Ü 50 (oder sogar Ü 60) und ist in Feierlaune. Rowland wird den ganzen Abend für seine Songs mit Beifall überschüttet, was ihn sichtlich erfreut. Und je länger das Konzert dauert, desto lauter wird der Beifall für den 70 Jahre alten Frontmann und seine fünfköpfige Band.

Konzert Hamburg: Dexys Midnight Runners auf Kampnagel: „War das geil“

Auf dem Erfolgsalbum „Too-Rye-Ay“ posierte Rowland noch in Latzhosen, doch die trägt er schon lange nicht mehr. Sein aktuelles Bühnenoutfit ist eher maritim: weiß-rot geringeltes T-Shirt, weite Hose und runde weiße Matrosenmütze. Auch seine Bandmitglieder tragen Kostüme: Mike Timothy steht in einem Kaftan hinter seinen Keyboards, Saxofonist Sean Reed erinnert mit seinem Holzfällerhemd an einen amerikanischen Trucker, Violinistin Claudia Chopek sieht in ihrem weiten, schwarzen Kleid aus, als wolle sie zu einer Gothic-Party, und Posaunist Alistair Whyte trägt einen großen Cowboyhut. Die Outfits seiner männlichen Mitmusiker stehen für breitbeiniges Mackertum, und das reflektiert Rowland auf dem aktuellen Album „The Feminine Divine“.

„Come On Eileen“: Sänger Kevin Rowland beschäftigt sich mit „göttlich Weiblichen“

Das „göttlich Weibliche“ ist für Rowland der Gegenentwurf zu den patriarchalischen Strukturen, in denen er aufgewachsen ist. In diesen neuen Songs denkt er über seine Männlichkeit nach und hinterfragt sein Verhalten gegenüber Frauen. Claudia Chopek dient ihm zu Beginn dieser theatralischen Show als Inkarnation des „göttlich Weiblichen“ und lässt sich von ihm ansingen. Man merkt ihr jedoch an, dass sie sich als Geigerin wohler fühlt denn als angebetete Statue. Die neun Songs von „The Feminine Divine“ füllen den ersten Teil des zweistündigen Konzerts. Musikalisch sind diese Nummern ein Mix aus flotten Disco-Klängen, Synthi-Beats und dem für Dexys typischen Northern-Soul-Sound mit kräftigem Einsatz von Saxofon und Posaune.

Nach der Pause geht es mit einem Best-of-Programm weiter. Vor allem aus „Too-Rye-Ay“ hat Rowland Songs ausgewählt. Bei „Plan B“ macht seine Combo schon mächtig Druck, weiter geht es mit „I‘ll Show You“, „Until I Believe In My Soul“ und „All In All“, bevor es zum Finale mit „Come On Eileen“ kommt.

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Das begeisterte Publikum in Hamburg will mehr, und es bekommt im Zugaben-Block vier weitere Songs. Dabei ist „Geno“ aus „Searching For The Young Soul Rebels“, dem herausragenden Debütalbum der Dexys Midnight Runners. Auch das Van-Morrison-Cover „Jackie Wilson Said (I‘m In Heaven When You Smile)“ mit seinem schnellen Rhythmus steht auf der Setliste – und wird ebenfalls gefeiert. Mit dem ruhigeren Traditional „Carrickfergus“ will Kevin Rowland den Abend ausklingen lassen, doch seine Fans wollen immer noch mehr. Der Brite ist gerührt von der Begeisterung und spielt als allerletzte Nummer „Tell Me When My Light Turns Green“, eine weitere elektrisierende und tanzbare Northern-Soul-Nummer. Dann ist wirklich Schluss. Als das Saallicht angeht, sieht man nur glückliche Gesichter. Häufigster Kommentar: „War das geil!“