Hamburg. Er gilt als begnadeter Songwriter. Und spielt derzeit in einer Band mit durchaus komischem Namen. Wie das neue Album geworden ist.

„Ich warte umsonst darauf, dass mein Herz verheilt“, bekundet das lyrische Ich in „Ja und Ja“. Nee, lieber nicht verheilen, ist doch wirklich besser so, oder? Könnte doch sonst nicht so schön drüber gejammert werden. Gebrochene Herzen sind die Voraussetzung für große Songs. Das neue Album der zuletzt herrlich übertrieben als deutsche Supergroup bezeichneten Berliner Formation Husten heißt „Aus einem nachtlangen Jahr“. Mehr Poesie ist schwerlich in einen Albumtitel zu packen. Dazu das stimmungsvolle Cover (Zeichnung: Tina Berning), eine Frau mit verschattetem Gesicht. Wenn bloß der Bandname nicht wäre!

Gisbert zu Knyphausen, Singer-Songwriter mit Hang zur Teamarbeit, und seine Kompagnons Moses Schneider (der Tocotronic-Produzent) und Tobias Friedrich alias Der dünne Mann (früher Viktoriapark) treten seit einiger Zeit in dieser Kombination als „Husten“ auf. Das Debütalbum des Trios erschien mitten in der Corona-Zeit. War irgendwie ein Abtörner. Der Name ist immer noch nicht der Hit, auch wenn schon lange keine Maskenpflicht mehr besteht: Husten, das will keiner haben, Mensch!

Neues Album: Gisbert zu Knyphausen und Husten: Umstandsloser Indierock

Man fragt sich, ob die Band den Namen heute noch so gut findet wie einst. Oder ob er ihr egal ist, was durchaus die richtige Haltung sein könnte. Auf „Aus einem nachtlangen Jahr“ ist mal umstandsloser („Elli“), mal beinah komplexer („Bis morgen, dann“) Indierock zu hören, der beim dritten oder vierten Durchlauf zündet. Das muss man dazusagen, denn der gebürtige Hesse Gisbert zu Knyphausen, der auch mal in Hamburg lebte, ist mittlerweile ein Slowburner. Ganz so infektiös – fick dich ins Knie, Melancholie! – wie auf den ersten beiden Alben sind seine Kompositionen oft nicht mehr.

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Aber „Achim, der Träumer“ ist ein gewaltiger Song über den Tod. Und „Nüchtern im Club (Nihilistendisco)“ ist eine angenehm frische Midtemponummer über das Älterwerden und Inventurmachen – der Abgesang auf eine Generation. Man würde sich den Husten-Sound hie und da ein bisschen raffinierter wünschen, denkt man kurz, und dann gibt man sich dem Geschichtenerzähler Knyphausen doch wehrlos hin: „Ich erinner mich an Vegas/und an das Plakat von Siegfried und Roy/Die weißen Tiger leuchteten wie neu“. Husten tritt am 12. Oktober im Knust auf.