Hamburg. Zweimal musste es wegen Corona ganz ausfallen, jetzt ist das Überjazz-Festival auf Kampnagel zurück. Der Kartenverkauf läuft.
Es war ein Moment, den auch Heiko Jahnke nie vergessen wird. Der Moment, als Saxofonist Pharoah Sanders (1940-2022) im Herbst 2018 die Kampnagel-Bühne betrat und sein letztes Konzert in Hamburg spielte. „Sanders hat eine Aura, die weit über Höher-schneller-weiter-Kategorien hinausgeht“, hieß es hinterher im Abendblatt, und das Publikum bejubelte den Altmeister frenetisch im Stehen.
Ein ganz besonderer Auftritt war das, bei einem ganz besonderen Festival: dem Überjazz. „Anfangs gab es noch mehrere Programmverantwortliche, darunter die NDR Jazz-Redaktion, Kampnagel und das Jazzbüro, da war die Richtung manchmal nicht ganz klar zu erkennen“, erinnert sich Heiko Jahnke. Doch seit 2016 liegt die Gesamtverantwortung für die inhaltliche Ausrichtung ganz beim Sohn von Konzertveranstalter-Legende Karsten Jahnke. Sein Ziel, ein Festival zu präsentieren, das den Jazz-Begriff erweitert und ein Publikum erreicht, das nicht aus der traditionellen Jazz-Ecke kommt, ließ sich so noch konsequenter angehen.
Wer in die vergangenen Programme blickt, entdeckt seit 2016 nur noch wenig allgemein Vertrautes. Überjazz-Besucher geben einen Vertrauensvorschuss, nehmen an, dass Kurator Heiko Jahnke ein Gespür für kommende Stars oder jedenfalls für aufregende neue Acts hat. Und werden häufig belohnt. Vor allem die brodelnde junge Szene Groß Britanniens hat auf Kampnagel immer wieder eine Bühne und ein begeistertes Publikum gefunden.
Der Mut zum Verlassen ausgetretener Wege ist jedoch für keinen Veranstalter ohne Risiko. Corona-Lockdowns, Inflation und russischer Angriffskrieg haben nicht gerade für ein ideales gesellschaftliches Umfeld gesorgt, und so ist die schwarze Null angesichts gestiegener Produktionskosten und Gagenforderungen immer wieder eine Herausforderung. Headliner, die den Vorverkauf massiv ankurbeln würden, sind finanziell nicht drin. Mit (relativen) No Names hingegen ist es schwer, ein breites Publikum zum Kartenkauf zu animieren. Wer das Programm des diesjährigen Festivals auf Kampnagel (3. und 4. November) liest, kennt vielleicht nur Saxofonist Alabaster DePlume und Trompeter Matthew Halsall. Doch es lohnt sich, tiefer einzusteigen und etwa im Line-up die inzwischen 75 Jahre alte brasilianische Sängerin Joyce zu entdecken. „Das Überjazz gibt der Stadt, was ihr musikalisch noch fehlt“, sagt Jahnke. Und damit hat er Recht.
Überjazz-Karten unter: ueberjazz.de