Hamburg. Der New Yorker Rapper lockt in die Arena, ein Fotograf erinnert in Bergedorf an Filmstar Romy Schneider – nur zwei Kultur-Tipps.
Eine Sprache ist vom Aussterben bedroht, ein Theaterstück stellt die Frage nach Menschlichkeit, und in der Großen Freiheit 36 trifft Flamenco auf harten Rock: Nur einige der unbedingt empfehlenswerten Termine der Kulturwoche.
Erst im Lichthof, jetzt im Ohnsorg: Theaterstück über bedrohte Sprachen wie Plattdeutsch
Im Februar feierte das Stück „Dat Leven vun de Liven“ seine Uraufführung – nicht etwa im Ohnsorg-, sondern im Lichthof Theater. In der Regie des in der freien Szene anerkannten und bereits mit dem Der-Faust-Theaterpreis ausgezeichneten Helge Schmidt („Cum-Ex Papers“) dreht es sich in diesem neuartigen Kooperationsprojekt der beiden Häuser um aussterbende Sprachen. Anhand der Geschichte der Livischen Sprache, die nur noch von rund 200 Menschen der Ethnie der Liven auf einer Halbinsel an der Rigaer Bucht gesprochen wird, zeichnet das Stück nach, was es bedeutet, wenn eine Sprache verschwindet. Und vollzieht den Transfer zum mehr oder minder bedrohten Plattdeutsch. Oft mit feinem Humor und in nordisch anmutenden Kostümen, die von den Ohnsorg-Ensemblemitgliedern Erkki Hopf und Birte Kretschmer sowie von Cem Lukas Yeginer und Lamis Amma ausgefüllt werden, Letztere bekannt aus der Netflix-Produktion „Sandsturm“. str
„Dat Leven vun de Liven“ wieder Mi 27./Do 28.9., jew. 19.30, Ohnsorg-Theater (U/S Hbf.), Heidi-Kabel-Platz 1, Karten zu 22,40 bis 26,- unter T. 35 08 03 21; www.ohnsorg.de
Hommage für Romy Schneider aus der Fotosammlung Joost
Der Bergedorfer Jürgen Joost ist einer der standhaftesten Fotografen Hamburgs und dank seiner jahrzehntelangen Arbeit für die „Morgenpost“ und „Die Welt“ ein wichtiger Zeitzeuge. Und er ist ein passionierter Sammler, was Stars und Sternchen betrifft – etwa in Sachen Romy Schneider. Seine umfangreiche Sammlung zeigt nicht nur zahlreiche alte Fotografien des 1982 früh verstorbenen Filmstars, sondern auch ehemalige Zeitschriftentitel von „Stern“ und „Bunte“ sowie seltene mexikanische Kinoplakate, die Romy Schneider in verschiedenen Phasen ihrer Karriere abbilden, von der ganz jungen Frau im deutschen Heimatfilm bis zur Ikone des französischen Kinos. Dazu gehören auch Schwarz-Weiß-Serien wie die bereits legendäre Sequenz „Drei Tage im Mai“: Sie gelang Joosts Kollegin Helga Kneidl 1973 bei einem persönlichen Streifzug mit Romy Schneider durch Paris. Die Schau, die bereits 2018 in der Fabrik der Künste in Hamm Tausende Besucher anlockte, ist noch bis zum 7. Oktober im „Offenen Atelier“ des City Centers Bergedorf (CCB) zu sehen. str
„Romy Schneider, eine große deutsche Leinwandlegende“ bis 7.10., Mo–Sa 13.00–18.00, CCB, 1. Etage Mitte (S Bergedorf), Bergedorfer Str. 105, Eintritt frei
Endlich Neues von Jochen, dem Satire-Rochen, im Eppendorfer Lustspielhaus
Er steht wie kaum ein Zweiter hierzulande für das epische Kabarett. Die ihm eigene Kunstform hat sich Jochen Malmsheimer in 23 Jahren als Solist erarbeitet, um nicht zu sagen erschaffen. Nachdem der Kabarett-Koloss aus dem Ruhrpott in den Corona-Jahren das Duo Tresenlesen (mit dem Bochumer Frank Goosen) hat wiederaufleben lassen, ist es höchste Eisenbahn für ein neues Soloprogramm: Die „Dogensuppe Herzogin – ein Austopf mit Einlage“ (2016) wirkt nämlich schon etwas abgestanden. Der Titel von Malmsheimers neuem Streich („Statt wesentlich die Welt bewegt, hab ich wohl nur das Meer gepflügt“) klingt kaum gesünder, birgt zur Hamburg-Premiere im Lustspielhaus am 26. September indes die Chance, etwas über den Fundamentalirrtum Radfahren, die Seltenheit von Kunst oder deren rätselhafte Beziehung zum Mond zu erfahren. Und dann sowie an zwei weiteren Abenden zumindest absurd-gut unterhalten zu werden.
Jochen Malmsheimer: „Statt wesentlich die Welt bewegt, hab ich wohl nur das Meer gepflügt“ HH-Premiere Di 26.9., auch Do 28./Fr 29.9., jew. 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstr. 53, Karten zu 30,- (erm. 20,-) bis 37,- unter T. 55 56 55 56; www.almahoppe.de
Mit 50 Cent in der Tasche in der Barclays Arena rappen
Vor 20 Jahren war Curtis Jackson alias 50 Cent der erfolgreichste Rapper des Planeten. 15 Millionen Mal wanderte sein Debütalbum „Get Rich or Die Tryin’“ (2003) über die Kassentresen, der Nachfolger „The Massacre“ (2005) hielt das Niveau, und mit Modelinien, Filmauftritten und weiteren Unternehmerkniffen festigte der New Yorker seinen Ruf als Hip-Hop-König. Vor zehn Jahren verließ ihn allerdings das Glück, 2015 meldete er Privatinsolvenz an, und sein geplantes neues Album steckt seit zehn Jahren im Schlamm der Ideenlosigkeit fest. Wer hilft „Fifty“ aus der Krise? Vielleicht seine Hamburger Fans am 29. September in der Barclays Arena, die offensichtlich immer noch zahlreich sind. Viele Karten gibt es nicht mehr. tl
50 Cent Fr 29.9., 19.00, Barclays Arena (S Stellingen + Bus 380), Sylvesterallee 10, Karten ab 83,40 im Vorverkauf; www.50cent.com
Heiße Gitarrenkunst aus Mexiko in der Großen Freiheit 36
Wenn mexikanische Folklore auf Rock ‘n‘ Roll trifft, gepaart mit virtuosen Künsten an akustischer und elektrischer Gitarre, dann können das nur Rodrigo Sánchez und Gabriela Quintero sein. Das Duo aus Mexiko-Stadt begeistert seit 2000 mit einer Mischung aus instrumentalem Flamenco Nuevo und Rock, mit einem mitreißendem Tanz der Klänge, ungebremster Leidenschaft und einer Energie, die sie sich aus frühen Tagen in Mexikos Trash-Metal-Szene bewahrt haben. Auf sieben Live- und Studioalben haben Rodrigo y Gabriela ihre Klasse gezeigt und sich für das aktuelle Werk „Mettavolution“ (2019) endlich einen Grammy verdient. Am 25. September sind die beiden in der Großen Freiheit 36 zu erleben.
Rodrigo y Gabriela Mo 25.9., 20.00, Große Freiheit 36 (S Reeperbahn), Karten zu 43,50 im Vorverkauf; www.rodgab.com
Zeitgenössische Kunst erleben und kaufen im Museum der Arbeit
75 internationale Künstlerinnen und Künstler gilt es bei der Incorporating Art Fair an diesem Wochenende des 23. und 24. September zu entdecken. Und zwar live und in Farbe – das ist der Unterschied zu vielen anderen Kunstmessen. Viele der Kreativen sind mit dabei, um ihre Werke zu präsentieren und sich mit dem Publikum auszutauschen. Denn nicht nur die fertige Arbeit, auch der Schaffensprozess und die Menschen dahinter sind Teil der Kunst, so die Überzeugung von Veranstalter Raiko Schwalbe. Es sind etwa der Hamburger Gips-Künstler Dieter List, die Collagistin Gunda Jastorff sowie der Berliner Mixed-Media-Künstler Carl Smith zu erleben. Erstmals findet die junge Messe für zeitgenössische Kunst im Museum der Arbeit statt und verspricht, Kunst zu erschwinglichen Preisen zu bieten, Verkauf vor Ort inklusive.
Incorporating Art Fair Sa 23.9. 11.00–20.00, So 24.9. 11.00–18.00, Museum der Arbeit (U/S Barmbek), Wiesendamm 3, All-Days-Ticket 15,- www.inc-artfair.info
58 fotografische Positionen zum Thema Wasser im Jupiter an der „Mö“
Hamburg, die Stadt am Wasser: Elbe, Hafen, Kanäle und Zuflüsse bestimmen seit Jahrhunderten das Bild der Stadt und sorgen für Wachstum und Wohlstand. Wasser steht für Leben und ist Anlass für Freude in Freizeit, Kultur und Sport. Gleichzeitig ist es auch Machtmittel, Ware und Spekulationsobjekt – und lebensbedrohlich. Die große Sturmflut von 1962, die Überflutung des Ahrtals, das Schicksal der Menschen, die in Booten versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, sowie die Bedrohung unseres Ökosystems durch Wassermangel zeigen: Wasser verbindet und trennt gleichermaßen. 58 Fotografinnen und Fotografen von Freelens präsentieren im Jupiter in der Ausstellung „Vom Wasser“ ihre Perspektiven auf das Element. Kuratiert wird die Schau von Sebastian Lux, Leiter der Stiftung F.C. Gundlach.
„Vom Wasser“ bis 23.10., So–Mi 10.00–21.00, Do–Sa 10.00–24.00, Jupiter, 2. OG, (U/S Hbf., U Mönckebergstraße), Eintritt frei; www.jupiter.hamburg
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Zur deutschen Einheit: ein Solostück über eine Stasi-Agentin und ihre Opfer im Mahnmal St. Nikolai
„Wenn man auf der richtigen Seite steht, dann ist alles gerechtfertigt“, davon war Monika Haeger (1945–2006) überzeugt. Sie arbeitete in der DDR für das Ministerium für Staatssicherheit, die Stasi. Haeger bespitzelte eine ganze Frauengruppe, vermeintliche Feinde, darunter die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley. Ihre Tätigkeit führte zu Verhaftungen, Verhören, Gefängnisaufenthalten und sogar zu einer Ausbürgerung aus der DDR. Die Regisseurin Nicole Heinrich hat das Leben von Monika Haeger zu einem Theaterstück verarbeitet, das Bögen zur Gegenwart spannt und grundlegende Frage nach Menschlichkeit stellt. Als gemeinsame Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und des Mahnmals St. Nikolai kommt das Stück in einer Spezialfassung (mit Audioeinspielungen von Stasi-Opfern) vor den Feiern zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg am 25. und 27. September mit Anja Kimmelmann zur Aufführung. Die Schauspielerin und Regisseurin stehen jeweils im Anschluss zum Gespräch zur Verfügung.
„Monika Haeger – inside stasi“ Mo 25. + Mi 27.9., jew. 19.00, Mahnmal St. Nikolai (U Rödingsmarkt), Willy-Brandt-Str. 60, Eintritt 12,-/ erm. 3,-