Hamburg. Schon vor Baubeginn steigen die Kosten rasant. Zweifel wachsen, ob der Bund Köhlbrandquerung und die neue Autobahn zugleich finanziert.
Die neue Autobahn 26-Ost zur Verbindung von A7 und A1 wird noch einmal deutlich teurer als geplant. Statt der zuletzt veranschlagten 1,85 Milliarden Euro soll die auch als Hafenpassage bezeichnete, gerade einmal zehn Kilometer lange Autobahn nun rund 2,28 Milliarden Euro kosten.
Das geht aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums über die „Gesamtmittelbedarfe für die Aus- und Neubauvorhaben der geltenden Bedarfspläne von Schiene, Straße und Wasserstraße“ mit Stand Juli 2023 hervor, der dem Abendblatt vorliegt.
Demnach sind die Kosten für das Projekt Hafenpassage noch einmal um 430 Millionen oder gut 23 Prozent gegenüber der jüngsten Planung gestiegen. Laut Planungsstand aus dem Jahr 2014 sollte die Hafenpassage sogar nur 896 Millionen Euro kosten. In den vergangenen neun Jahren sind die Kosten also um fast schon 150 Prozent gestiegen – bevor überhaupt mit dem Bau begonnen wurde.
Verkehr Hamburg: Köhlbrandquerung und A26-Ost – Bezahlt der Bund wirklich beides?
„Die neuerliche Verteuerung der A26-Ost sollte den politischen Entscheidern nun wirklich zu denken geben“, sagte der Hamburger Vorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Malte Siegert.
„Wenn Hamburg spekuliert, dass sich der Bund mit weiteren Milliarden an einer nördlichen Köhlbrandquerung beteiligen wird, droht es sich zu verzocken.“ Kürzlich hatte auch die stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestags, Bettina Hagedorn (SPD) gesagt: „Wer glaubt, zwei so große Projekte so nah beieinander realisieren zu können, hat den Schuss nicht gehört.“
Hintergrund: Auch die veranschlagten Kosten für den zuletzt geplanten neuen Tunnel als Ersatz für die Köhlbrandbrücke waren dramatisch gestiegen – auf 5,2 Milliarden Euro. Daraufhin hatte Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) das Projekt zunächst auf Eis gelegt.
Der Bund hatte zwar einmal zugesagt, die Hälfte der Kosten für eine neue Köhlbrandquerung zu übernehmen. Diese Zusage stammt aber laut Nabu aus der Zeit, als noch mit Kosten von 1,8 Milliarden Euro gerechnet worden sei.
Köhlbrandbrücke: Wirtschaftssenatorin hält Abriss für zwingend
Zuletzt hatte es auch Diskussionen über die Frage gegeben, ob die Köhlbrandbrücke, die für viele Hamburger ein Wahrzeichen der Stadt ist, nicht doch erhalten werden könnte – zumal ein Gutachten aus dem Jahr 2008 dies prinzipiell für möglich hielt. Für Wirtschaftssenatorin Leonhard allerdings ist der Abriss nach eigener Aussage zwingend.
Aus Sicht der Nabu sollte Hamburg auch deshalb auf die A26-Ost verzichten. „Sinnvoller wäre es, die knapper werden Mittel von Bund und Land an der ursprünglich geplanten nördlichen Köhlbrandquerung inklusive Ausbau Veddeler Damm zu bündeln“, sagte Nabu-Chef Siegert mit Blick auf die Kostenexplosion auch bei der A26-Ost.
„Dann würden im Süden bei Moorburg und auf der Hohen Schaar auch nicht die wertvollen Potenzialflächen verloren gehen, die Hamburg für die großflächige Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft frei halten müsste. Mit der antiquierten Autobahnplanung wird die energetische Transformation in Hamburg bildlich mit einem Verbrenner gegen die Betonwand gefahren.“
Der Nabu hatte die A26-Ost aber auch stets kritisiert, weil sie laut den Naturschützern den Verlust von etwa 40 Hektar Biotopflächen bedeuten würden. Auch der Hamburger Klimabeirat hatte das Projekt infrage gestellt.
Hafenpassage: Grüner Verkehrssenator Tjarks hält sich aus der Debatte lieber heraus
Im Hamburger Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen ist die A26-Ost zwar festgeschrieben – sowohl die grüne Fraktionsführung in der Bürgerschaft wie auch der grüne Umweltsenator Jens Kerstan hatten das Projekt zuletzt infrage gestellt. „Man darf nicht extrem teure, klima- und umweltschädliche Infrastrukturen für Hafen und Verkehre bauen, die man vielleicht in dieser Form gar nicht mehr brauchen wird“, hatte Kerstan dem Abendblatt gesagt.
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In der Behörde des grünen Verkehrssenators Anjes Tjarks hält man sich aus dieser Diskussion lieber heraus. „Die A26-Ost ist ein Bundesprojekt, der Bund ist somit auch zuvorderst für den Bau und die Finanzierung verantwortlich“, sagte Tjarks’ Sprecher Dennis Heinert am Montag auf Abendblatt-Anfrage. „Die Position des Senats zur A26-Ost hat sich gegenüber den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen nicht verändert.“
Hafen Hamburg: Am Mittwoch Onlinediskussion über seine Zukunft
Die für die Planfeststellung verantwortliche Wirtschaftsbehörde von SPD-Wirtschaftssenatorin Leonhard reagierte bis Fertigstellung dieses Artikels nicht auf eine Anfrage des Abendblatts zum Thema.
Die Diskussion über die großen Verkehrsprojekte A26-Ost und Köhlbrandquerung steht in engem Zusammenhang mit der zentralen Frage, wie es mit dem Hamburger Hafen weitergeht – wie gut der neue Hafenentwicklungsplan ist, welche Infrastruktur der Hafen braucht und welche Abstimmungen mit anderen Bundesländern nötig sind.
Darüber diskutiert Nabu-Chef Siegert am Mittwoch ab 20 Uhr online mit den Hamburger Fraktionsvorsitzenden Dirk Kienscherf (SPD), Dominik Lorenzen (Grüne) und Dennis Thering (CDU). Kostenlose Anmeldung unter hamburg.nabu.de (unter Elb-Tage) oder direkt hier.