Hamburg. Finanzsenator reagiert verärgert auf CDU-Vorstoß für komplett gebührenfreie Kitas und erklärt, warum es unbezahlbar sei.
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hält die Forderung von CDU-Chef Dennis Thering, die Kita-Gebühren in Hamburg nahezu komplett abzuschaffen, für nicht finanzierbar. „Wir bauen das Kita-System quantitativ aus, indem wir für mehr Betreuungsplätze sorgen. Wir bauen es qualitativ aus, indem wir die Personalschlüssel schrittweise verbessern. Und wir müssen eine kräftige Tarifsteigerung finanzieren – angesichts dieser drei Herausforderungen können wir nicht noch 100 Millionen Euro im Jahr zusätzlich ausgeben“, sagte Dressel im Gespräch mit dem Abendblatt.
Er empfinde es politisch als „schlechten Witz“, dass ausgerechnet die CDU sich mit so einem Vorschlag profilieren wolle. „Die Hamburger CDU hat sich immer gegen die Gebührenfreiheit gewehrt und 2010 Zehntausende Eltern vor den Kopf gestoßen, als sie die Gebühren sogar noch kräftig angehoben hat. Und jetzt stellt sich Herr Thering wie ein Wurstverkäufer hin und fragt: Darf’s noch etwas mehr sein? Ohne einen Gegenfinanzierungsvorschlag zu machen. Das ist keine solide Großstadtpolitik, damit begibt sich die CDU eher auf den Kurs der Linkspartei.“
Kostenlose Kitas: Scholz hatte Hamburg zum bundesweiten Vorreiter gemacht
Wie berichtet, fordert Thering, der zugleich Fraktions- und Parteichef der Hamburger CDU ist, dass der Besuch einer Kita für alle Hamburger Kinder künftig für bis zu zehn Stunden pro Tag kostenlos sein soll. „Auch aufgrund der hohen Inflation, der steigenden Kosten und der hohen Mieten sind Familien finanziell sehr, sehr stark belastet“, sagte er dem Abendblatt. Es sei ihm „ein Herzensthema, Familien zu entlasten. Die beitragsfreie Kita für zehn Stunden ist dafür eine gute Möglichkeit.“ In anderen Bundesländern wie etwa Berlin oder Rheinland-Pfalz gebe es dieses Angebot bereits, so Thering.
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Der damalige SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz hatte vor der Bürgerschaftswahl 2011 nicht nur versprochen, die Gebührenerhöhung seiner Vorgänger zurückzunehmen, sondern die Gebühren größtenteils abzuschaffen (ebenso wie die Studiengebühren). 2014 wurde das umgesetzt: Seitdem ist die Kinderbetreuung in Krippen und Kitas für fünf Stunden pro Tag kostenlos – Hamburg war damit bundesweit Vorreiter. Nur wer sein Kind länger betreuen lässt, zahlt dafür noch Gebühren. Da parallel wegen des Einwohnerwachstums auch immer neue Kitas entstanden, in denen mittlerweile rund 90.000 Kinder betreut werden, stiegen die städtischen Ausgaben für diesen Bereich kräftig an und liegen heute bei rund 1,1 Milliarden Euro im Jahr.
Kostenlose Kitas: Senat befürchtet Mehrkosten von 100 Millionen Euro im Jahr
Da die Masse der Kinder nur das kostenlose Angebot in Anspruch nimmt, sind die Einnahmen aus den Gebühren mit rund 70 Millionen Euro überschaubar. Eine komplette Abschaffung für bis zu zehn Stunden täglich würde aber vermutlich dazu führen, dass mehr Eltern dieses erweiterte Angebot nutzen, sodass man im Senat mit Mehrkosten von rund 100 Millionen Euro im Jahr rechnet.
Finanzsenator Dressel hält das angesichts rückläufiger Steuereinnahmen bei gleichzeitig kräftig steigenden Ausgaben in fast allen Bereichen für nicht bezahlbar. Zumal der rot-grüne Senat sich vorgenommen habe, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler den HVV ab Ende 2024 kostenlos nutzen dürfen. Derzeit zahlen sie für das Deutschlandticket im Monatsabo 19 Euro. „Damit entlasten wir die Familien weiter. Aber die finanzielle Lage ist so zugespitzt, dass es darüber hinaus keinerlei Spielraum für Wahlgeschenke gibt“, sagte er mit Blick auf die Bürgerschaftswahl in eineinhalb Jahren. „Wenn man so lange nicht in Regierungsverantwortung war wie die CDU, hat man das vielleicht vergessen.“