Hamburg. Das Virus ist in Hamburg zurück. Was man zu neuen Impfstoffen von Biontech und einer „Doppel-Immunisierung“ wissen muss.

Neue Varianten des Coronavirus und vermehrt auftretende Fälle von Atemwegserkrankungen befeuern die Sorgen vor einer unerkannten Sommer-Welle 2023 oder sogar einem Herbst mit wieder erheblich mehr Infektionen. Die Omikron-Variante XBB.1.5 und ihr Abkömmling EG.5 (auch Eris genannt) sind für eine wachsende Zahl an positiven Tests verantwortlich. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in Hamburg laut Pandemie-Radar bei sieben Fällen pro 100.000 Einwohnern, bundesweit sind es vier. Auch bei einer hohen Dunkelziffer sind diese Zahlen alles andere als beunruhigend – vor allem wegen der hohen Impfquote. Doch wer sollte sich wann erneut impfen lassen?

Hinter dem einen Piks steckt ein großer Aufwand: Auch wer sich jetzt gegen das Coronavirus impfen lassen möchte, braucht in Hamburger Arztpraxen einen Termin, im Idealfall eine weitere medizinische Aufklärung und sollte keinen akuten Infekt haben. Die Ärztinnen und Ärzte müssen die Impfungen in ihr „Tagesgeschäft“ einbauen, gut gekühlten Impfstoff bestellt und vor allem: für die Spritze aufbereitet haben. Sechs Dosen Biontech ließen sich bisher aus einem Vial holen. Das bedeutet: Sechs Impfkandidaten sollten da sein. Andernfalls müsste Impfstoff „verworfen“ werden, ein nicht nur finanzielles Problem.

Corona Hamburg: Wer sich jetzt impfen lassen sollte

Am Montag machte jedoch eine seit ersten Impfzentrums-Tagen in Hamburg erwartete positive Nachricht die Runde unter Medizinern: Biontech liefert „demnächst“ seinen Comirnaty genannten Impfstoff nicht nur auf die neuen Corona-Varianten angepasst, sondern in Einzeldosen. Wie die Seren für eine Spritze dann genau aufbereitet werden, ist noch unklar. Aber in jedem Fall entfällt das extrem vorsichtige Öffnen der Fläschchen nach langem Hin- und Herschaukeln und das behutsame „Aufziehen“ von sechs Spritzen.

Dr. Jana Husemann ist die Vorsitzende des Hamburger Hausärzteverbandes
Dr. Jana Husemann ist die Vorsitzende des Hamburger Hausärzteverbandes © Marcelo Hernandez

Biontech – und Moderna – in Einzeldosen könne das Impfen deutlich erleichtern, sagte die Vorsitzende des Hamburger Hausärzteverbandes, Dr. Jana Husemann, dem Abendblatt. „Dann kann die Impfung problemlos parallel zur Grippeschutz-Impfung verabreicht werden.“ Weitere Experten sagen: Nach den mittlerweile jahrelangen und millionenfachen Erfahrungen mit Sars-CoV-2 und der Immunisierung hat das einstige Killervirus seinen ganz großen Schrecken eingebüßt. In der Infektionssaison 2023/2024 gelte für alle, die es betrifft, das Prinzip: linker Arm, rechter Arm, einmal Corona-, einmal Grippe-Impfung.

Doch wem ist die nächste Spritze überhaupt zu empfehlen? Hausärztin Husemann bringt es auf eine verständliche Formel: „Im Grunde kann man sich an der Grippeschutz-Impfung orientieren. Ganz ähnliche Indikationen gelten auch für die Corona-Impfung. Empfehlungen zur Auffrischung gibt es für Menschen, die über 60 Jahre alt sind, für Menschen mit chronischen Erkrankungen wir Herz- und Lungenerkrankungen oder Diabetes und für Menschen, die aus beruflichen Gründen ein erhöhtes Infektionsrisiko haben.“

Biontech: Abwarten, bis angepasster Impfstoff kommt

Sechs bis zwölf Monate solle der Abstand zur letzten Infektion oder Impfung betragen. „Wer nicht ganz dringende Gründe hat, bald geimpft zu werden, sollte die Entwicklung der Impfstoffe in den nächsten Wochen noch abwarten. Die Praxisteams müssen sich auch erst einmal organisieren.“

Im September, so verspricht es Biontech mit dem Vorbehalt der behördlichen Zulassung, wird der Impfstoff erwartet, der auf die Omikron-Variante XBB.1.5 angepasst ist. Diese Variante wird aktuell unter den sequenzierten Positiv-PCR-Tests am häufigsten erkannt. Davon wiederum existiert ein Viren-Abkömmling namens EG.5, der international auch „Eris“ heißt. Und über Eris sagte Mandy Cohen, die Leiterin der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Center for Disease Control), in einem Podcast zuletzt: Sowohl die neuen Impfstoffe als auch die Medikamente seien gut geeignet für diese Veränderungen des Coronavirus.

Corona-Schnelltest erkennt auch neue Varianten

In Hamburg stellte sich aufgrund vermehrt auftretender Corona-Infektionen die Frage, wie eine Ansteckung überhaupt noch nachgewiesen wird. Genau geht das nur per PCR-Test, der selbst bei Ärzten bisweilen nicht mehr gemacht wird. Aber: Die handelsüblichen Schnelltests können zwar mal falsch positive oder falsch negative Ergebnisse zeigen. Für die neuen Varianten eignen sie sich generell trotzdem. Husemann sagte: „Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass die momentan erhältlichen Schnelltests die aktuelle Variante nicht erkennen könnten.“

Schwerwiegende Covid-19-Erkrankungen mit Krankenhaus- oder Intensivstation-Aufenthalt sind selten geworden. Dennoch haben Menschen mit Vorerkrankungen und Immunschwächen ein höheres Risiko dafür. Und man sollte nicht unterschätzen, dass selbst vermeintlich „leicht“ verlaufende Corona-Infektionen zu Folgen wie Post Covid oder Long Covid führen können.

Corona Hamburg: Impfquote in Hamburg über Bundesdurchschnitt

In Hamburg bewegte sich die Impfquote nach Angaben des Robert-Koch-Instituts „traditionell“ über dem Bundesdurchschnitt – solange es ausreichend Wirkstoff gab. 67,1 Prozent der Bevölkerung hat bereits eine erste Auffrischung zur Grundimmunisierung (zumeist zwei Spritzen) gegen das Coronavirus erhalten. Bundesweit liegt der Wert bei 62,6 Prozent. 16,2 Prozent haben mittlerweile eine vierte Impfung (15,2 im Bund). Bei den über 60-Jährigen ist das in Hamburg gar fast jeder Zweite (46,2).

Hamburgs Sozialbehörde geht bei der Inzidenz von einer hohen Dunkelziffer aus. Wann sie sich bemerkbar machen könnte, ist ungewiss. Das Uniklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) hatte für die Notaufnahme in Kiel wieder eine Maskenpflicht verhängt. Im UKE und in den Krankenhäusern von Asklepios werde man ähnlich verfahren, wenn das Robert-Koch-Institut eine Empfehlung dazu herausgebe oder die Lage es erfordere, wie es hieß.

Mitarbeit: Sophia Naraghi