Hamburg. Zahl privater Pkw sinkt. Aber eine Gruppe sträubt sich gegen Umstieg auf ÖPNV. Bei den Jüngeren überraschen vor allem die Frauen.

Es sind Menschen mit gutem Einkommen, die das Klima mit ihrem Lebensstil oft besonders belasten: Wohlhabende reisen und fliegen in der Regel mehr durch die Welt, sie gönnen sich größere Wohnflächen und fahren häufiger und mit größeren Autos. Dadurch sind sie auch für einen deutlich höheren CO2-Ausstoß verantwortlich. Was im globalen Maßstab gilt, lässt sich nun auch für Hamburg nachweisen – mithilfe neuerer Daten zum Verkehrsverhalten.

Demnach zeigt sich zum Beispiel, dass Menschen mit hohem Einkommen auch in Hamburg sehr viel häufiger den Pkw für Fahrten in der Stadt nutzen als Hamburgerinnen und Hamburger mit weniger Geld. „Menschen mit einem sehr niedrigen Einkommen bis 1000 Euro netto im Monat nutzten nur für 24 Prozent ihrer Wege das private Auto“, so die Verkehrsbehörde des grünen Senators Anjes Tjarks. „Bei einem Einkommen von mehr als 4200 Euro netto im Monat waren dies schon 40 Prozent, das ist der höchste Wert aller Verkehrsträger in dieser Gruppe.“

Verkehr Hamburg: Frauen nutzen den HVV häufiger als Männer

Für Menschen mit geringem Einkommen sei dagegen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) mit einem Anteil von 31 Prozent an allen Wegen das mit Abstand wichtigste Verkehrsmittel, so die Behörde. Diese Erkenntnisse stammen aus einer neuen und detaillierten Auswertung der bereits im Mai vorgestellten Studie „Mobilität in Hamburg 2022“. Demnach zeigt sich nicht nur, dass die betuchteren Hanseaten die größten Probleme haben, sich vom Pkw zu lösen. Auch Männer fahren häufiger mit dem Auto und weniger mit den Angeboten des HVV.

Die Frauen in Hamburg nutzen Busse und Bahnen nach den Daten aus der Verkehrsbehörde mittlerweile für 73 Prozent ihrer Wege, bei den Männern sind es mit 66 Prozent deutlich weniger. Hinzu kommt: Je älter die Menschen, umso geringer die HVV-Nutzung. „Wenig überraschend sind junge Menschen bis 17 Jahre am wenigsten mit dem Auto unterwegs. Nur 18 Prozent ihrer Wege absolvieren sie als Mitfahrerin oder Mitfahrer in einem Pkw“, so die Verkehrsbehörde.

Verkehrswende: Männer ab 50 mit gutem Einkommen können vom Auto oft nicht lassen

„Aber auch Menschen zwischen 18 und 29 Jahren nutzen deutlich häufiger den Umweltverbund als der Hamburger Durchschnitt: Satte 76 Prozent der Wege machen sie zu Fuß, mit dem Rad oder im ÖPNV.“ Der Pkw sei dagegen bei der Altersgruppe der Menschen von 50 bis 66 Jahren besonders beliebt, so die Behörde. „Sie nutzten das Auto noch für 38 Prozent ihrer Wege, absolvierten also nur 62 Prozent im Umweltverbund.“ Als „Umweltverbund“ werden die umweltfreundlichen Mobilitätsformen Radfahren, Zufußgehen und HVV-Nutzung bezeichnet.

Fasst man die Ergebnisse zusammen, so muss man wohl konstatieren, dass es Männer ab 50 Jahren mit guten Einkommen sind, die ihre Autos offenbar besonders lieben und am häufigsten benutzen. Damit ist es auch diese Gruppe, die sich in der Praxis am stärksten gegen die vom Senat angestrebte Verkehrswende sträubt. Interessanterweise ist das Verkehrsverhalten junger Männer ganz anders. Laut Verkehrsbehörde gibt es bei den jungen Menschen in Hamburg mehr Frauen mit einem Führerschein als junge Männer.

Führerschein Hamburg: Frauen liegen bei den Jüngeren deutlich vor den Männern

Rund 75 Prozent der Frauen bis zum Alter von 29 Jahren besitzen eine Fahrerlaubnis, bei Männern sind es lediglich 65 Prozent. Gab es in älteren Generationen gerade für viele junge Männer mit dem 18. Geburtstag kaum etwas Wichtigeres als den Führerschein, so hat sich das offenbar mittlerweile deutlich verändert. Und der Trend hält an: Im Vergleich zu 2017 ist die Quote der jungen Hamburger mit Führerschein weiter gesunken. Bei den Senioren dagegen besitzen mehr Männer als Frauen einen Führerschein.

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Ziel des Senats ist es, dass bis 2030 in Hamburg 80 Prozent aller Strecken mit dem Rad, zu Fuß oder mit dem HVV (also: im Umweltverbund) zurückgelegt werden. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren liegt dieser Wert bereits heute bei 76 Prozent. In der Generation der 50- bis 66-Jährigen dagegen braucht es offenbar noch etwas Überzeugungsarbeit: Hier liegt dieser Anteil erst bei 62 Prozent. Dennoch wertet man die jüngsten Entwicklungen in der Verkehrsbehörde als Erfolg.

Pkw in Hamburg: Zahl sinkt auf niedrigsten Stand seit zehn Jahren

Denn erstmals seit langer Zeit ist im vergangenen Jahr auch die Zahl der privaten Pkw in Hamburg gesunken, also der Fahrzeuge, die rein privat und nicht geschäftlich genutzt werden und nicht Teil von Unternehmensflotten sind. Im vergangenen Jahr ging diese Zahl laut Behörde auf 332.000 zurück – den niedrigsten Wert seit zehn Jahren.

„Die Mobilitätswende schreitet voran – und zwar in allen Teilen unserer Gesellschaft. Aber wir sehen gleichzeitig, dass sie noch unterschiedlich stark ausgeprägt ist“, sagte Tjarks-Sprecher Dennis Heinert dem Abendblatt. „Besonders Mut macht uns, dass gerade junge Menschen 76 Prozent ihrer Wege zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV absolvieren.“

Verkehr in Hamburg: Menschen mit wenig Geld profitieren von Deutschlandticket

Zudem zeige sich: „Der Ausbau des ÖPNV und beispielsweise auch die Einführung des Deutschlandtickets ist auch unter sozialen Gesichtspunkten eine sehr wichtige Entwicklung: Menschen mit einem geringeren Einkommen profitieren hiervon besonders stark.“