Hamburg. Ob Klimakrise oder Ukraine-Krieg: Warum gehen junge Menschen der Generation Z in die Politik? Fünf Abgeordnete der Bürgerschaft erzählen.

Sie sind faul. Sie wollen mehr Life als Work und wenn überhaupt arbeiten, dann nur in Berufen mit Purpose (Sinn): Die Vorurteile über die Generation Z, also all diejenigen, die irgendwann zwischen Mitte der 1990er und um die 2010er-Jahre geboren wurden, sind vielfältig und kreisen vor allen Dingen um eines: die Beziehung zur Arbeit.

Arbeitstage von bis zu 15 Stunden, kaum Freizeit, Verantwortung für mehrere Mitarbeiter sowie Landesparteitage am Wochenende passen da nicht recht ins Bild. Wer den Weg in die Politik wählt, entscheidet sich aber genau dafür. So auch die fünf Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft, die der Generation Z angehören.

Gen Z in der Hamburger Bürgerschaft: Was motiviert sie?

Das Abendblatt wollte daher wissen: Was motiviert junge Menschen, in diesen krisenhaften Zeiten Politik zu machen? Und wie fühlt sich das an? Ob 9/11, Klimawandel, ein Krieg mitten in Europa oder Corona: Ein „normal“ gab und gibt es für diese Generation nicht. Trotzdem stellen sie sich Tag für Tag den Problemen Hamburgs. Da die jungen Abgeordneten allein den Fraktionen von SPD und Grünen angehören, werden in diesem Text nur Mitglieder dieser Fraktionen zu Wort kommen.

Rosa Domm, die mit 24 Jahren als jüngste Abgeordnete der Bürgerschaft für die Grünen im Parlament sitzt, kommt an diesem Mittwochnachmittag in gemütlichem Schritt durch den strömenden Regen angelaufen. Noch etwas müde vom parlamentarischen Sommerfest am Abend zuvor setzt sie sich entspannt an die Theke in einem Café neben dem Rathaus. „Ich glaube, unsere Generation wird falsch verstanden“, sagt Domm nachdenklich.

Die Grünen-Abgeordnete Rosa Domm an ihrem Lieblingsplatz über dem Hamburger Hafen.
Die Grünen-Abgeordnete Rosa Domm an ihrem Lieblingsplatz über dem Hamburger Hafen. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Viel Zeit hat die studierte Psychologin nicht, da sie am Abend eine Veranstaltung zum Hamburger Klimaschutzgesetz ausrichtet. Dabei sein, das wollte Domm aber unbedingt, da ihr das Thema „Junge Menschen in der Politik“ am Herzen liegt.

„Dass Freizeit bei Menschen meiner Generation oftmals einen höheren Stellenwert hat, als sich kaputtzuarbeiten, ist ja erst einmal nichts Schlechtes.“ Im Gegensatz zu älteren Generationen, sagt Domm, wollen viele Menschen ihrer Generation aber einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Einen „positiven Impact“ auf die Welt eben. Außerdem rücke das Thema „Mental Health“, also mentale Gesundheit, bei vielen immer mehr in den Vordergrund – ebenfalls nichts Schlechtes in ihren Augen.

Der Vier-Tage-Woche steht Domm grundsätzlich positiv gegenüber. Und das, obwohl sie ihren eigenen Arbeitstag für gewöhnlich mit Mitarbeitermeetings um acht beginnt und mit Fraktionssitzungen und Veranstaltungen oftmals erst um 23 Uhr enden lässt. „Klar geht das nicht sofort überall, weil Krankenhäuser irgendwie funktionieren müssen und Busse auch noch nicht von allein fahren. Da, wo sie aber möglich ist, befürworte ich es.“

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Mit ihrem Schwerpunkt, dem Klimaschutz, ist die gebürtige Bielefelderin seit fast drei Jahren nicht nur klimapolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Sie will es als nominierte Spitzenkandidatin auch bis ins Europaparlament nach Brüssel schaffen. Für Domm ist klar: „Die Klimakrise lässt sich nicht allein national lösen.“ Deshalb sei auch der Bundestag aktuell keine Option für sie. Konkrete Ansätze sieht die Abgeordnete etwa in einer Reformation des Emissionshandels durch die Reduzierung der Anzahl von CO2-Zertifikaten und eine grundsätzliche Erhöhung des CO2-Preises.

Und es dürften eben jene Positionen sein, die laute Zwischenrufe von AfD- und CDU-Fraktion im Plenum während Debatten provozieren, wenn junge Abgeordnete wie Domm sprechen. So erlebt es auch die 24-Jährige und sieht dies dadurch begründet, dass junge Frauen im konservativen Spektrum keine Rolle spielten. In der CDU-Fraktion sind gerade einmal drei von insgesamt 15 Abgeordneten weiblich, die jüngste ist 51 Jahre alt.

Diskreditierung innerhalb der Bürgerschaft

Bei der AfD befindet sich mit Olga Petersen lediglich eine einzige Frau in der Fraktion. Eine Abendblatt-Anfrage an den Abgeordneten Krzysztof Walczak für diesen Text, 1994 geboren und damit knapp Vertreter der Generation Z, ließ der 29-Jährige über einen Pressesprecher der Fraktion ablehnen.

Diskreditierung wegen ihres Alters erlebe Domm zwar seltener als zu Beginn ihres Mandats. Doch gebe es sie immer noch: „Am Anfang hat mich der ein oder andere Parlamentarier eher wie die Tochter seines Kollegen behandelt, statt auf Augenhöhe.“ Das sei zwar mittlerweile nicht mehr so, doch habe Domm trotzdem oftmals das Gefühl, von einigen Kolleginnen und Kollegen an entscheidenden Stellen nicht miteinbezogen zu werden. „Da geht dann auch mal eine E-Mail an mir vorbei, obwohl ich ganz klar in CC hätte gesetzt werden müssen. Ich sehe da nicht unbedingt eine böse Absicht drin, aber man muss sich als junge Frau seinen Platz immer noch erkämpfen.“

Julia Barth (SPD): „Am Anfang hielten mich viele für eine Praktikantin“

Auch Julia Barth-Dworzynski, 28 Jahre alt und Abgeordnete für die SPD-Fraktion, erlebt diese Situationen: „Am Anfang haben mich viele Menschen für eine Praktikantin gehalten. Die haben mich dann oft gefragt: Wann kommt denn die Frau Barth endlich?“ Mit der Zeit habe sich das aber gelegt, sagt die junge Frau, die erst kürzlich Mutter geworden ist. Vonseiten der konservativen Fraktionen fühle Barth sich jedoch noch immer belächelt. Und auch eine Parteikollegin habe ihr zu Beginn der Legislatur gesagt: „Jetzt guckst du dir das erst einmal ganz in Ruhe an, bevor du in der nächsten Legislatur richtig loslegst.“ „Echt übergriffig und frech“, findet Barth.

So, wie sich die Abgeordnete auf Social Media präsentiert – „privat und beruflich“, mit Baby auf dem Arm im Urlaub –, so nahbar kommt die junge Frau auch im Gespräch herüber. Gerade in den Urlaub gefahren, schaltet sie sich mit dem Laptop aus einem Hotel in Freiburg zu. Im Sommerkleid hat die 28-Jährige es sich auf dem Boden gemütlich gemacht und antwortet selbstbewusst und schnell.

Julia Barth-Dworzynski sitzt als Abgeordnete für die SPD-Fraktion seit 2020 in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Julia Barth-Dworzynski sitzt als Abgeordnete für die SPD-Fraktion seit 2020 in der Hamburgischen Bürgerschaft. © Julia Barth

Das Muttersein, sagt Barth, habe sie verändert. Nicht nur von ihrer Denkweise her, sondern auch politisch. Statt Bildungsungerechtigkeit, die für Barth Motivation war, sich überhaupt politisch zu engagieren, seien es nun Themen, die sich rund um Familie drehen. „Ich sehe die Welt nun aus den Augen einer Mutter. Mehr Kita-Plätze, ausreichend Wohnraum für junge Familien oder eine Hebamme finden, das ist es, wofür ich mich aktuell einsetze.“

Bei ihrem Einzug in die Bürgerschaft im März 2020, der auf den Beginn der Corona-Pandemie fiel, habe die studierte Grundschullehrerin sich „wie in einem schlechten Film“ gefühlt. „Ab Tag eins kommen die Menschen auf dich zu und wollen von dir einen Lösungsvorschlag. Wegen der Pandemie und der Tatsache, dass auch ich mich erst einmal in das parlamentarische Geschäft einfinden musste, war das nicht einfach für mich.“ Besonders schwer sei es ihr gefallen, den ersten Lockdown zu verhängen, da Barth während ihres Wahlkampfs an fast 14.000 Türen geklingelt habe und sich eigentlich ganz andere Sachen für ihre politische Agenda vorgenommen hatte.

Zweites Standbein als Rückfallposition neben der Politik

Neben ihrem Mandat hat Barth ihr Lehramtsstudium abgeschlossen und anschließend gleich mit dem Referendariat begonnen. „Das ist alles so unberechenbar mit der Politik. Von Anfang an war mir klar, dass ich ein Back-up brauche – für den Fall, dass ich bei der nächsten Wahl wieder aus der Bürgerschaft ausscheide.“ Da sich Barth noch in Elternzeit befindet, ihr Mandat aber keine Auszeit dafür vorsieht, kümmert sich Ehemann David aktuell um die gemeinsame Tochter.

Diesen Gedanken, dass es von heute auf morgen mit der Politik vorbei sein kann, hat auch Sarah Timmann vor Augen. Auch sie sitzt für die SPD in der Bürgerschaft und absolviert nebenher ihr juristisches Referendariat. Sieben Tage die Woche seien es, an denen die 26-Jährige deshalb arbeitet. Pause oder Urlaub? Nur selten. Freizeit? Kaum. „Meine Freunde haben da aber zum Glück großes Verständnis für und kommen zum Mittagessen mal in die Nähe des Rathauses oder holen mich abends ab.“

Zwar beginne Timmann ihren Tag nie vor neun, doch komme auch sie wegen abendlicher Fraktionssitzungen oder Vorbereitungen für ihr Referendariat selten vor 23 Uhr ins Bett. „Während meiner zweiten Station des Referendariats beim Landgericht hat der Ausbilder nach kurzer Zeit ein ernstes Gespräch mit mir geführt. Er meinte, dass man sehen könne, dass ich mir für meine Arbeiten nie genug Zeit am Stück nehme.“

Timmann (SPD): Keine Option, nur Politik zu machen

Kurz nach ihrem Studium im vergangenen Jahr, zwischen Abschluss ihres Jurastudiums und Beginn ihres Referendariats, habe die gebürtige Hamburgerin ganze fünf Monate Zeit gehabt, um endlich mal „nur Politik zu machen“. Das sei zwar schön gewesen und Timmann habe das erste Mal das Gefühl gehabt, ihrem Mandat auch wirklich „gerecht zu werden“. Doch sei es für die gebürtige Hamburgerin keine Option gewesen, ihr Referendariat erst später zu beginnen.

Timmann ist in einem Arbeiterhaushalt in Barmbek-Nord aufgewachsen und hat sich bereits während ihrer Schulzeit einen genauen Plan gemacht: erst Abi, dann Studium, dann Referendariat. Wenn möglich, auch zeitnah Kinder.

Ebenso wie Domm hat die SPD-Politikerin einen Fachsprecherposten inne. „Eher ungewöhnlich“, sagt die Juristin, die sich als Sprecherin für Verbraucherschutz beispielsweise dafür einsetzt, dass Schufa-Auskünfte in Zukunft viermal pro Jahr kostenlos abrufbar sein sollen oder Referendare während ihrer Ausbildung mehr Geld erhalten. Inhaltlich eher links, aber zum realpolitischen Flügel gehörend, ordnet die junge Abgeordnete sich selbst ein.

Sarah Timmann ist gebürtige Hamburgerin und sitzt für die SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Sarah Timmann ist gebürtige Hamburgerin und sitzt für die SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft. © Michael Rauhe

Dadurch, dass Timmann so jung ist, glaubt sie, habe sie einen engen Bezug zu jüngeren Menschen. Regelmäßig besucht sie deshalb Schulen oder empfängt Schulklassen im Rathaus. „Ich glaube, ich kann die Probleme von jungen Menschen gut verstehen. Die sprechen teilweise auch eine ganz andere Sprache.“ Timmann hoffe so, jungen Menschen in der Hamburger Politik Verhör zu verschaffen.

Doch auch innerhalb und zwischen den Fraktionen sei der Altersunterschied deutlich spürbar. „Wir jungen Abgeordneten kommunizieren ganz anders miteinander. Irgendwie einfacher.“ Bei der Kompromissfindung ein klarer Vorteil, findet Timmann.

Mohrenberg (SPD): „Merke diese Lücke an Begegnungen bis heute“

Das sieht auch Alexander Mohrenberg, jüngster Abgeordneter und klimapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, so. Der Abgeordnete kommt gerade von einem Termin aus Bergedorf und läuft in eiligem Schritt auf das Rathaus zu – dort, wo er mit dem Abendblatt zu einem Gespräch verabredet ist.

Einfach war es nicht, einen Termin mit dem 28-Jährigen zu finden. Denn Mohrenberg versucht aufzuholen. Aufzuholen, was die Corona-Pandemie „uns an Möglichkeit genommen hat, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“ Drei Jahre lang keine Veranstaltungen. Drei Jahre lang kaum zufällige Begegnungen – ein Nachteil, wie der junge Abgeordnete findet. „Man merkt diese Lücke an Begegnungen bis heute“, sagt er. „Dadurch, dass ich aber nun fast drei Jahre lang im Parlament sitze, habe ich auch keinen Welpenschutz mehr. Das ist in Ordnung, nur dass coronabedingt für uns immer noch vieles neu ist.“

„Muss als junger Angeordneter doppelt überzeugen“

Mohrenberg wirkt in seiner Wortwahl kontrolliert. „Man muss als junger Abgeordneter fachlich doppelt überzeugen. Nur so kannst du mit deiner Arbeit Respekt gewinnen und politisch etwas bewegen.“ Das sei zwar „unglaublich anstrengend“, aber „nicht unbedingt die schlechteste Art“, an eine Sache heranzugehen. Auf diese Weise setze man sich Mohrenberg zufolge extrem detailliert mit Themen auseinander.

Als jüngster Bezirksabgeordneter überhaupt saß der Bergedorfer vor seiner Wahl in die Bürgerschaft zunächst fünf Jahre lang in der Bergedorfer Bezirksversammlung – das Beste, was er hätte machen können, wie er findet. „Bezirkspolitik sagt vielen jungen Menschen zwar kaum etwas, bietet aber unglaublich viel Gestaltungsmöglichkeit.“ Als Mitglied im Jugendhilfe- oder Bauausschuss habe er so etwa bereits mit 18 über Bauanträge und die Vergabe von viel Geld an Jugendprojekte mitentschieden.

Alexander Mohrenberg (SPD) kommt aus Bergedorf und war der jüngste Hamburger Bezirksabgeordnete überhaupt.
Alexander Mohrenberg (SPD) kommt aus Bergedorf und war der jüngste Hamburger Bezirksabgeordnete überhaupt. © Michael Rauhe

Und das zahlt sich offenbar aus: Wohl nicht ohne Grund ist Mohrenberg nun stellvertretender Landesvorsitzender der Hamburger SPD und entscheidet als klimapolitischer Sprecher – ebenso wie Domm – mit dem Klimaschutzgesetz bei einem der wohl drängendsten Gesetze des Landes mit.

Den Aktionen der Letzten Generation steht Mohrenberg kritisch gegenüber: „Ich kann diese Ungeduld der Aktivisten komplett nachvollziehen. Aber wenn es mir wirklich um die Sache geht, muss ich doch den Anspruch haben, möglichst viele Menschen auf meine Seite zu ziehen.“ Etwas, das der Abgeordnete durch die Aktionen nicht gegeben sieht. Im Gegenteil: „Damit bringen die viele Menschen eher gegen ambitionierte Klimapolitik auf und somit auch ein Stück weit gegen uns junge, motivierte Klimapolitiker.“

Glückwünsche zur Hochzeit von Olaf Scholz

Was seinen beruflichen Alltag angeht, da ist für den SPDler klar: „Von nichts kommt nichts. Du kannst zwar privat nicht so spontan sein, dafür plant man Freizeit mit Freunden aber jetzt einfach besser und gewinnt dadurch Quality-Time.“ Sprich: weniger kurze Treffen zwischendurch, dafür aber intensiver.

Frisch verheiratet, hatte Mohrenberg auf dem vergangenen SPD-Parteitag sogar Glückwünsche vom Kanzler erhalten. Auf seinem Instagramprofil zeigt er sich auf einem Selfie mit seiner Frau und Olaf Scholz. Der „Stress auf Zeit“ sei okay, denn: „Meine Frau kennt mich nur so.“ Auch Mohrenberg absolviert aktuell noch ein juristisches Referendariat neben seinem Mandat. „Mit guter Organisation geht am Ende alles.“

Ivy May Müller sitzt als Abgeordnete für die Hamburger Grünen seit 2020 in der Bürgerschaft und will das Bildungssystem inklusiver gestalten. 
Ivy May Müller sitzt als Abgeordnete für die Hamburger Grünen seit 2020 in der Bürgerschaft und will das Bildungssystem inklusiver gestalten.  © Grüne Fraktion Hamburg

Das sieht auch Ivy May Müller, schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, so, wobei sie ihre Arbeit „gar nicht wirklich als Arbeit“ empfinde. „Dadurch, dass ich es der Sache wegen mache und nicht des Berufs wegen, finde ich es nicht schlimm, meine Wochenenden mit Politik zu verbringen.“ Denn auch bei Müller sieht der Tag nicht anders aus als bei ihren Kollegen. Und das wohlgemerkt in einem Teilzeitparlament. Also in einem Parlament, das vorsieht, dass die Abgeordneten noch ihrem Beruf nachgehen können und somit in der Berufswelt verwurzelt bleiben sollen.

Doch offenbar kein Grund für die Abgeordneten der Gen Z, ihr Mandat auch wirklich in Teilzeit auszuüben. Auch Müller ist schon im Urlaub, als sie dem Abendblatt für ein Gespräch zusagt. „Wenn‘s auch per Zoom geht, kein Problem.“ Und so kommt es, dass sich die 26-Jährige, die ein goldenes Nasenpiercing und große goldene Creolen trägt, aus Albanien per Video zuschaltet.

Generation Z: Kein Verständnis für fehlende Leidenschaft

Während sie spricht, merkt man Müller ihre Leidenschaft an. Müller, die sich noch mitten im Lehramtsstudium befindet, spricht viel von „Gefühl“ und hat sich zum Ziel gesetzt, das Bildungssystem inklusiver zu gestalten. Schaut man sich ihre Reden an, merkt man, dass sie, wie sie selbst sagt, „wirklich etwas erzählen will – immer mit linker Analyse“. Doch das sieht offenbar nicht jeder so: „Während meiner Reden wird oft super viel getuschelt, und ich weiß nicht, ob CDU und AfD mir wirklich jemals bei meinen Reden zugehört haben.“

Dass die Abgeordnete so emotional an Politik herangeht, erklärt sie so: „Meine Gefühle geben mir sehr viel Kraft für meine politischen Kämpfe.“ Deshalb falle es ihr auch oft schwer zu akzeptieren, dass andere nicht mit derselben Leidenschaft dabei seien. „Mich interessiert wirklich, wie es den Menschen um mich herum geht. Dass ich gewählt wurde, empfinde ich als großes Privileg.“ Kämpfen, das musste aber auch Müller, um dorthin zu kommen. „Und ich werde es auch weiterhin tun. Bis auch meine Generation richtig verstanden wird.“