Hamburg. Schnitte, Knochenbruch, Prellung, Verbrennung – wann man mit dem Nachwuchs in die Notaufnahme muss. PECH-Regel kann helfen.
Wenn Kinder sich verletzen oder ein Bein brechen, wenn eine Wunde klafft, dann geht bei den Eltern der Puls erst einmal schneller. „Es ist sehr wichtig, dass die Mütter und Väter Ruhe bewahren und auch die Kinder beruhigen, denn häufig ist der Schreck viel größer als der Schmerz“, sagen die Kinderärztinnen Dr. Claudia Haupt und Dr. Charlotte Schulz vom Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg. „Es vermindert den Stress für die Kleinen, wenn die Eltern nicht völlig kopflos sind.“ Die KinderDocs erklären, wie man Wunden und Verletzungen zu Hause gut versorgt und wann man zum Arzt oder in eine Klinik fahren sollte.
Am häufigsten sind bei Kindern Schürfwunden, die verdreckt und verkrustet sein können. Da sollten die Eltern die Wunde mit lauwarmem Wasser spülen und dann desinfizieren. „Es ist ein Mythos, dass Salzwasser Wunden desinfiziert, das kann im Gegenteil kontaminiert sein“, sagt Claudia Haupt.
Wunden bei Kindern mit Pflaster, Gaze und Druckverband versorgen
Blutet die Wunde weiter, rät sie Eltern zu einem Wundverband mit Pflaster und Gaze – blutet es stark, auch zu einem Druckverband. „Der sollte aber nicht so fest sein, dass er die Durchblutung beeinträchtigt.“ Ist die Tetanus-Impfung schon mehr als fünf Jahre her, kann man sie im Fall einer frischen Verletzung auch binnen maximal drei Tagen nachholen.
Beim Arzt sollte man das Kind vorstellen, wenn die Blutung länger anhält. „Auch bei Verletzungen im Gesicht sollte man besondere Vorsicht walten lassen“, rät Charlotte Schulz. Dasselbe gilt für tiefere Wunden, die von einem Tier hervorgerufen wurden. „Damit ist nicht ein Kratzer von der Katze gemeint, sondern ein Biss, bei dem Speichel des Tieres in die Wunde gelangen kann.“ Denn da besteht Infektionsrisiko.
Fremdkörper in der Wunde – schnell zum Kinderarzt
Zum Arzt oder in die Notaufnahme sollte man auch mit Wunden gehen, in denen ein Fremdkörper steckt – etwa größere Glasscherben. „Im Zweifelsfall die Glasscherbe drin lassen und schnell in die Notaufnahme oder zur Kinderärztin fahren“, empfiehlt Schulz. Wunden, die nach einigen Tagen einen roten Hof bekommen, schwellen oder nässen, sollte sich ein Mediziner anschauen – ebenso wie Verletzungen an den Händen, bei denen Sehnen und Nerven betroffen sein könnten.
Immer wieder begegnen den beiden Kinderärztinnen in ihren Praxen Jungen und Mädchen, die sich beim Trampolinspringen verletzt haben. „Ich sehe vor allem Verstauchungen und Prellungen und leider auch Verrenkungen und Brüche, weil Kinder aufeinandergepurzelt oder heruntergefallen sind“, sagt Claudia Haupt. Kinder sollten nicht zu mehreren auf einem Trampolin springen, das erhöht die Verletzungsgefahr.
KinderDocs erklären einfache Regel namens PECH
Wenn es kein offener Bruch ist und die Kinder sich keine große Wunde zugezogen haben, sollten sie betroffene Arme, Beine oder Füße erst mal hochlegen. „Es gilt die alte Sportlerregel namens PECH: Also Pause einlegen, mit Eis kühlen, eine Kompression – also einen elastischen Verband anlegen und hochlagern“, sagt Kinderärztin Schulz, die eine Praxis in Hoheluft betreibt. „Damit darf man dann eine Nacht abwarten und schauen, wie gravierend die Verletzung am nächsten Tag erscheint.“
Keine Seltenheit ist bei Kindern auch ein sogenanntes stumpfes Bauchtrauma, „das passiert beispielsweise, wenn sie bei einem Sturz mit dem Rad auf den Lenker prallen“, sagt Claudia Haupt. Manchmal ist nicht einmal eine Prellmarke mit Bluterguss sichtbar. „Ganz selten können bei einem solchen Bauchtrauma innere Bauchorgane in Mitleidenschaft gezogen werden, etwa kleine Risse bekommen.“ Wenn die Kinder im Verlauf starke Schmerzen haben, sich ihr Allgemeinzustand verschlechtert oder der Urin rötlich wird, sollte man sie zeitnah einem Arzt vorstellen.
Was Kinderärzte bei Schädelprellungen raten
Bei Schädelprellungen hängt viel vom Alter des Kindes ab, von der Höhe, aus der es gefallen und dem Untergrund, auf den es gestürzt ist. „Jede von uns sieht mehrmals in der Woche Schädelprellungen in der Kinderarztpraxis“, berichtet Charlotte Schulz. Wenn die Kleinen noch wackelig auf den Beinen sind, aus der eigenen Körperhöhe stürzen und nicht gerade mit dem Kopf gegen eine Kante prallen, werden sie praktisch nie ernsthaft verletzt, so die Erfahrung der KinderDocs.
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Als grobe Faustregel gilt: Fällt ein Kind von oberhalb der eigenen Stehhöhe auf harten Untergrund, bitte zum Arzt gehen. Und: Wenn Kinder im ersten Schreck und Schmerz weinen, sich dann aber beruhigen lassen, ist es ein deutlich besseres Zeichen, als wenn sie ganz still sind. Dann könnten sie kurz bewusstlos gewesen sein.
Wunden bei Kindern: Erbrechen nach dem Sturz – könnte Gehirnerschütterung sein
„Muss sich ein Kind nach einem Sturz erbrechen, kann das ein Hinweis auf eine Gehirnerschütterung sein“, ergänzt Claudia Haupt. Auch das ist unbedingt ein Fall für den Kinderarzt oder die Notaufnahme. Ebenso, wenn ihre Reaktionen nicht adäquat sind oder die Pupillen nicht gleich groß oder nicht seitengleich auf Licht reagieren. Aber auch, wenn Kinder plötzlich schielen, wenn sie sich nicht mehr symmetrisch bewegen können oder wirklich angeschlagen wirken. „Dann sollten Eltern auf jeden Fall, und zwar egal, ob Tag oder Nacht, zur Kinderärztin oder in die Klinik fahren“, so Haupt.
Kinderhaut reagiert auch stärker auf Verbrennungen und Verbrühungen als die von Erwachsenen, wissen die KinderDocs. Als Erstes bitte dem Kind die Kleidung ausziehen (außer diese klebt bei Verbrennungen an der Haut). „Ist die verbrannte oder verbrühte Fläche größer als etwa die Handfläche Ihres Kindes oder ist das Gesicht betroffen, rufen Sie den Notarzt“, so die Kinderärztinnen. Sie raten, die betroffenen Stellen mit lauwarmem (!) Wasser zu kühlen. Dabei sind die ersten zehn Minuten entscheidend. Hartnäckig kursierende Empfehlungen, betroffene Stellen mit Öl, Zahnpasta oder Eiswasser zu behandeln, seien komplett falsch.