Hamburg. Bis Ende 2023 soll die Umstellung in allen Haftanstalten erfolgen. Im ersten Halbjahr wurden noch 239.000 Alu-Menüschalen verbraucht.
Es ist ein Wort, bei dem selbst der Duden nicht weiterhilft: Verkellung. Diese eher traditionelle Form der Essensausgabe, bei der warme Mahlzeiten aus einem Sammelbehälter per Schöpfkelle auf Mehrweggeschirr verteilt werden, ist künftig (wieder) Standard in den Haftanstalten. Bislang produzieren die Justizvollzugsanstalten (JVA) Müllberge: In ersten Halbjahr dieses Jahres wurden allein 239.000 Alu-Menüschalen, in denen die warmen Mahlzeiten auf die Stationen gebracht werden, ausgegeben und nach einmaligem Gebrauch weggeworfen.
Die Verkellung gilt mittlerweile als ressourcenschonendste Form der Essensausgabe hinter Gittern. Eigentlich hätte die Umstellung viel früher erfolgen sollen: Vor sechs Jahren bereits hatte der damalige Justizsenator Till Steffen (Grüne) versprochen, die Ausgabe warmer Mahlzeiten an die Gefangenen auf kompostierbare Menüschalen umzustellen. Doch die probeweise Einführung wurde gestoppt, weil sich das Material nicht als haltbar genug für den Gebrauch hinter Gittern erwies.
Gefängnis Hamburg: Umstellung aller Haftanstalten bis Ende des Jahres
Die Anlieferung der warmen Essen per Sammelbehälter, die dann auf Mehrweggeschirr aus Hartglas an die Gefangenen verkellt werden, bestand dagegen den Praxistest. Jetzt soll es sehr schnell gehen: Die Umstellung aller Haftanstalten auf die neue Ausgabeform soll bis Ende des Jahres erfolgen, wie der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker mitteilt.
Bereits seit dem 3. April werde „in der gesamten JVA Billwerder inklusive der Teilanstalt für Frauen die Kost durch ,Verkellung’ an die Gefangenen ausgegeben“. Auf elf der 14 Stationen der JVA Fuhlsbüttel ist die Umstellung im Frühjahr nach den erforderlichen Umbauarbeiten erfolgt. Der Rest folge „in den nächsten Wochen“. Auch die Sozialtherapeutische Anstalt und die JVA Glasmoor sollen in der zweiten Jahreshälfte nachziehen. In der JVA Hahnöfersand erfolgt die Verpflegung der Gefangenen schon länger in Mehrweggeschirr.
Auch künftig werden Einmalverpackungen in den Gefängnissen verwendet
„In der Untersuchungshaftanstalt ist die Umsetzung der ,Verkellung’ in Vorbereitung. In verschiedenen Bereichen werden bauliche und ausstattungstechnische Vorbereitungen getroffen, um die Einführung der ,Verkellung’ in größeren Teilbereichen noch im Jahr 2023 zu starten“, schreibt der Senat in seiner Antwort.
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Die Rückkehr der Schöpfkelle bedeutet aber nicht, dass künftig völlig auf Einwegmaterial hinter Gittern verzichtet wird. „Einzig die Sonderkostformen (Speisen, bei denen die Speisenkomponenten an spezifische Anforderungen der Gefangenen angepasst werden) auf der Grundlage von ärztlichen Verordnungen (zum Beispiel wegen Unverträglichkeiten, hochkalorische Kost) werden wegen ihrer unterschiedlichen Zusammenstellung weiterhin in Alu-Menüschalen ausgegeben“, heißt es in der Senatsantwort. Außerdem würden die Alu-Schalen für Gefangene benötigt, „die sich während der Mittagszeit nicht in der Anstalt befinden, zum Beispiel aufgrund der Teilnahme an Gerichtsterminen oder Ausführungen“.
Gefängnis Hamburg: Im ersten Halbjahr 2023 wurden 318.700 Joghurt- und Quarkbecher verteilt
Unverändert dürfte der Umfang anderer Einwegverpackungen sein. Laut Senat sind im ersten Halbjahr 318.700 Plastikbecher mit Joghurt, Quark, Frischkäse oder Margarine verteilt worden. Noch einmal 144.100 Brotaufstriche in Originalverpackung wurden ausgegeben. Hinzu kommen Getränkekartons, Konservendosen, Frischhaltebeutel und Pergamentersatzpapier.
Eigentlich gilt der Umweltleitfaden des rot-grünen Senats, der seit 2019 die nachhaltige Beschaffung für Ämter und Behörden vorschreibt, auch für Haftanstalten. Immerhin wird hinter Gittern auch Mülltrennung praktiziert. „Papierabfälle, Wertstoffe und Restmüll werden hier bereits separat entsorgt. In den Betrieben werden die Strukturen für die Mülltrennung geschaffen beziehungsweise weiter ausgebaut, um alle trennbaren Abfälle, soweit möglich, dem Recycling zuführen zu können“, schreibt der Senat.