Hamburg. Eltern müssen neuen Geschäftsbedingungen zustimmen. Doch darauf weist Hamburger Kita-Träger nicht hin. Wer betroffen ist.
Sie verstehen sich als „verlässlicher Partner“, und es ist ihnen „wichtig“, die Eltern der von ihnen betreuten Kinder im Alltag gut zu unterstützen und zu begleiten. „Dies war in der Vergangenheit so und wird auch weiterhin so sein!“ So lautet die Selbstbeschreibung des städtischen Kita-Trägers Elbkinder auf seiner Internetseite.
Nicht alle Eltern finden, dass dieser Selbstanspruch derzeit eingelöst wird. Denn wie berichtet wollen die Elbkinder vom kommenden Jahr an Schließzeiten von bis zu 17 Tagen einführen. Und das sei „in allen Elbkinder-Kitas verbindlich“, heißt es. Davon, dass diese Schließzeiten jedoch nicht für alle Kinder gelten, ist in dem Schreiben, das am 26. Juli an alle Eltern ging, keine Rede.
Schließzeiten bei Elbkindern Hamburg gelten nicht für alle Kinder
Wie sich auf Abendblatt-Anfrage herausstellt, sind nur diejenigen Kinder von den Schließzeiten betroffen, die ab dem 1. August 2023 neu aufgenommen wurden oder bei denen ein Folgegutschein über den Betreuungsanspruch in Leistungsart und -umfang vom alten abweicht.
Sprich: Eigentlich gilt die Neuregelung nur für neue Betreuungsverträge, nicht aber für Altverträge. Es sei denn, Eltern stimmen den geänderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu, die eben die Möglichkeit der Schließzeiten vorsehen. Alle anderen Kinder beziehungsweise Eltern haben demnach einen regulären Anspruch auf Betreuung. Das teilt Ulrike Muß, pädagogische Geschäftsführung der Elbkinder, auf Abendblatt-Anfrage mit.
Zudem würden die Einrichtungen der Elternschaft ihre Jahrestermine frühzeitig und vor dem Jahreswechsel 2023/2024 mitteilen, sagt Muß. „Die sogenannten Bestandseltern können dann die Leitung über ihren Betreuungswunsch informieren.“ Wie viele Kinder dies betreffen werde, das wisse der Träger nicht. Was die Elbkinder hingegen aber wüssten sei, „dass viele ,alte‘ Eltern unseren Argumenten für eine Einführung von Schließzeiten folgen können, großes Verständnis hierfür aufbringen und ihre persönliche Planung darauf abstellen wollen“, sagt Muß.
Elbkinder setzen auf Änderungen bei Betreuungsverträgen
Alexander Druckenbrodt, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Elternausschusses der Elbkinder-Kita Ludolfstraße, sieht das anders: „Für mich erscheint dies als bewusster Versuch, all diejenigen Eltern ohne juristische Kenntnisse über die fehlenden einseitigen Einwirkungsmöglichkeiten der Elbkinder auf den Betreuungsanspruch glauben zu lassen, dass auch ihre Kinder von den Schließzeiten zukünftig betroffen sind, ohne dass sich der Betreuungsvertrag tatsächlich geändert hätte.“ Dem Anwalt und Vater zufolge ergebe es sonst „doch gar keinen Sinn“, dass dieses Schreiben an alle Eltern gesendet worden ist, obwohl für sie und ihre Kinder die neuen AGB noch gar nicht gelten können.
Dass der städtische Kita-Träger so vorgeht, könne Druckenbrodt nicht nachvollziehen. „Theoretisch könnten jetzt alle Eltern mit ihren aktuellen Betreuungsverträgen zum nächsten Zivilgericht ziehen und eine Klage auf Feststellung einreichen, dass die Elbkinder zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungsinhalte verpflichtet bleiben.“
Elbkinder: „Anteil der alten Verträge nimmt mit der Zeit ab“
Doch diese Gefahr sieht die Elbkinder-Führung nicht gegeben, da sich etwa durch den Übergang vom Krippen- in den Elementarkinderbereich und die Änderung von Betreuungszeiten bei den insgesamt 32.000 Kindern täglich etwas ändere und somit nach und nach die meisten Eltern neuen AGBs ohnehin zustimmen müssten. „Mit jeder Neuaufnahme oder Änderung der Leistungsarten gelten neue Betreuungsverträge und die AGB vom 1. August 2023. Das bedeutet natürlich, dass der Anteil der alten Verträge mit der Zeit abnimmt“, sagt Katrin Geyer, Pressesprecherin der Elbkinder.
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Wie der Träger den Betreuungsanspruch der Kinder mit alten Betreuungsverträgen während der Schließzeiten erfüllen will, dazu äußerte er sich nicht.
Für Druckenbrodt ist diese Prognose nicht zufriedenstellend: „Was die Elbkinder mit dieser Intransparenz erreicht haben, ist lediglich, große Verunsicherung bei den betroffenen Eltern und auch den Einrichtungen selbst zu hinterlassen.“
Elbkinder Hamburg führen Schließzeiten wegen Personalmangels ein
Als Grund für die Schließzeiten ab 2024 nannte der Träger die zurückliegende Pandemie, Urlaubsansprüche von Mitarbeitenden sowie den Fachkräftemangel, der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark gefordert habe und weiterhin für hohe Herausforderungen sorgen werde. „Oft ist es deshalb nicht möglich, dass unsere Teams in voller Besetzung arbeiten“, heißt es in dem Schreiben vom 26. Juli, das vom Träger an alle Eltern gesendet worden war und auch auf der Internetseite einsehbar ist.
Dies, so heißt es weiter, „ist nicht nur für unsere Einrichtungsteams, sondern auch für Sie und Ihre Kinder wenig zufriedenstellend“. Die Schließzeiten von bis zu 17 Tagen „ermöglichen unseren Teams und auch Ihren Kindern, eine gemeinsame Pause einzulegen, nach der alle wieder frisch und motiviert starten.“ Zugleich bedeutete die gemeinsame Erholungszeit im Zuge der Schließung, dass dann während der Öffnungszeit der Kita mehr Mitarbeiter da sind. „Dies schafft mehr Zeit und Raum für die pädagogische Arbeit mit Ihren Kindern.“
Für die neuen Schließzeiten kommen in den Elbkinder-Kitas die Mai-Schulferien (Himmelfahrt/Pfingsten), die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr und auch Brückentage, also Montage oder Freitage vor oder nach Feiertagen, infrage.