Hamburg. Größte deutsche Krankenkasse spricht von „erschreckenden Zahlen“. Universität Hamburg bestätigt den besorgniserregenden Trend.

Die Corona-Pandemie hat offenbar auch die Studentinnen und Studenten in Hamburg vor neue oder verschärfte psychische Probleme gestellt. Wie bei den Kindern und Jugendlichen hat auch bei ihnen die Zahl seelischer Leiden zugenommen. Verschlimmernd kommt bei den angehenden Akademikern hinzu: Sie nehmen deutlich mehr Medikamente gegen Depressionen. Das zeigen Daten der größten deutschen Krankenkasse, der Techniker, die auch in Hamburg die meisten Versicherten hat.

Aus den ärztlichen Diagnosen und den Verordnungen ist zu ersehen, dass jeder Zehnte an Hamburgs Hochschulen depressiv ist. Von ihnen nimmt jeder Zweite Antidepressiva. Das ist deutlich mehr als bei nicht Studierenden in diesem Alter. Und die Zahl verordneter Antidepressiva nahm von 2019 bis 2022 um 43 Prozent zu. Antidepressiva werden allerdings zum Teil auch bei Zwangs-, Angst- und Essstörungen verschrieben.

Universität Hamburg: Jeder zehnte Student depressiv

„Diese Zahlen sind erschreckend. Sie zeigen, dass junge Menschen im Studium offenbar in steigendem Maße psychischen Belastungen ausgesetzt sind – stärker als Menschen im selben Alter, die nicht studieren“, sagte die Leiterin der TK-Landesvertretung, Maren Puttfarcken. Antidepressiva seien in vielen Fällen für die Betroffenen zwar hilfreich, „aber sie können nicht die erste Antwort im Umgang mit Stress und Belastung sein.“ Die Rahmenbedingungen an den Hochschulen müssten sich ändern.

Die Universität Hamburg bestätigte den Trend. „In der psychologischen Beratung zeigt sich ein deutlich gestiegener Beratungsbedarf bei Studierenden. So hat sich die Zahl der Neuanmeldungen und die Zahl der geführten Beratungsgespräche seit 2019 deutlich erhöht“, sagte Alexander Lemonakis, Sprecher von Uni-Präsident Hauke Heekeren. Die Zahl der Gespräche stieg von 2391 im Jahr 2019 auf 3741 Gespräche im Jahr 2022.

„Eine gesunde Hochschule ist mehr als ein Pflaster“

Die Uni spricht von einer insgesamt größeren Belastung für die Studierenden. Das zeige sich auch daran, dass in den Gesprächen häufiger eine weiterführende psychotherapeutische Behandlung empfohlen werde. Die Betroffenen kommen zumeist mit Symptomen von Niedergeschlagenheit, mit Zeichen von Prüfungsstress und Überforderung sowie Ängsten und Gefühlen der Einsamkeit. Auch das Aufschieben anstehender Arbeiten (Prokrastination) sei vielen bekannt.

Prüfungsstress, aber auch einen kräftezehrenden Druck durch Nebenjobs hat die Techniker Krankenkasse in einer Forsa-Umfrage als große Belastungen für Studenten deutschlandweit ausgemacht. Fast jeder dritte Student fühle sich oft emotional erschöpft, so TK-Landeschefin Puttfarcken. Es liege auch an den Hochschulen selbst, „das Lernumfeld gesundheitsförderlich zu gestalten“. Dabei helfen könne, die Prüfungsphasen zu entzerren oder auf dem Campus mehr Platz für Bewegung zu schaffen. Puttfarcken sagte: „Eine gesunde Hochschule ist mehr als ein Pflaster.“

Die Universität Hamburg hat bereits eine Konsequenz gezogen. Im studentischen Gesundheitsmanagement hat sie nun ein präventives Angebot in den Hochschulsport aufgenommen. Es heißt „Beat!“.